Versteckte religiöse Inhalte in Redewendungen und Ausrufen
Sapperlot und Pfiati

Wie Wegkreuze und Marterl in unserer Landschaft sichtbare Zeichen des Christentums sind, hat der gelebte Glaube unserer Vorfahren auch Ausrufe und Redewendungen geprägt.
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Versteckte religiöse Inhalte in Redewendungen und Ausrufen.

Alle kennen den Ausruf „Oje“. Aber dass es die Kurzform von „Ojemine“ ist, was wiederum ein verkürztes „O Jesu Domine“ (O Herr Jesus) meint, wissen viele nicht mehr. Der Ausruf war ursprünglich ein kurzes Gebet in großer Not. So verstecken sich in vielen Ausrufen, die wir im Alltag gedankenlos von uns geben, alte Gebete und Segenswünsche. Manchmal auch Flüche.
Das überraschte „Jessas“ ist eine Anrufung Jesu. Mit der Langform „Jessas, Maria und Josef“ wird gleich die ganze Heilige Familie um Hilfe gebeten. „Marandana“ richtet sich an die beiden heiligen Frauen „Maria und Anna“. Im empörten „Herrschaftsseiten“ verbirgt sich ursprünglich das Gebet: „Herr, schau auf die Seite!“ Gemeint ist: Ungut, was hier passiert, Herr, sieh darüber hinweg!
Im zornigen Ausruf „Sapperlot“ steckt das biblische Sabaoth bzw. Zebaoth, verkürzt für „Herrgott Zebaoth“ (Herr der Heerscharen), in „Kruzifix“, „fix“ und „verflixt“ das lateinische Crucifixus (der Gekreuzigte), freilich nicht als Gebet, sondern als Fluch gegen Gott verwendet. Ähnlich das zornige „Sakrament“ oder „Sakra“, das auf eine Schmähung Jesu in der Eucharistie abzielt.
Fluchen beruht ursprünglich auf dem Aberglauben, man könne sich durch Gotteslästerungen kurzzeitig die magische Hilfe des Teufels sichern. Natürlich musste man das dann bereuen und beichten. Aber Gott verzieh, und der Teufel wurde kurz „ausgenutzt“.
Das Grußwort „Tschüss“ leitet sich vom spanischen „Adios“ ab und bedeutet wie das französische „Adieu“, das eingedeutschte „Ade“ und das veraltete „Adjes“: (Geh) mit Gott! Es ist eigentlich ein schöner Segen zum Abschied. In anderen meist ebenso gedankenlos verwendeten Ausrufen ist der religiöse Inhalt noch besser erkennbar: „Ach, Gott“, „du lieber Himmel!“, „Gott sei Dank!“, „Gott bewahre!“
Ein gestöhntes „Oh, du meine Güte“ spricht den gütigen Gott an, dem eine ungewohnte Situation anvertraut wird. Auch ein „Meine Herren (war das anstrengend)!“ richtet sich ursprünglich an Gott, den Herrn. Im Judentum wird der Gottesname aus Ehrfurcht nicht ausgesprochen und durch das hebräische „Adonai“ („meine Herren“, Majestätsplural) ersetzt.
Das nach bösen Überraschungen ausgerufene „Um Himmels Willen“, „Um Gottes Willen“ oder „Um Gottes Christi Willen“ bedeutet ursprünglich ein respektvolles Sich-Einfügen in den momentan schwer nachvollziehbaren Willen Gottes.
Schwerer verständlich ist die Redewendung „Leider Gottes“. Sie soll (laut Duden) aus „(bei dem) Leiden Gottes“ entstanden sein und ausdrücken, dass angesichts eines bestimmten Ereignisses sogar Gott selbst leidet.
Und nun verabschiede ich mich mit dem in Österreich noch immer weit verbreiteten „Pfiati“ oder „Pfiat di Gott“, denn das heißt hochdeutsch: „Behüte dich Gott!“ Und ich sage es nicht gedankenlos.

Karl Veitschegger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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