Gottesdienst
Liturgie in Bewegung

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50 Jahre Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Graz.

Gleich zwei Jubiläen gab es am 10. und 11. November bei einem Symposium der Grazer Theologischen Fakultät zu feiern. Vor 60 Jahren wurde mit der Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils beschlossen. Darin steckt weit mehr als die damals ersehnte Einführung der Volkssprache. Eine Initiative des Konzils war auch die Vertiefung liturgischer (Aus-)Bildung durch ein eigenes Fach Liturgiewissenschaft an den Theologischen Fakultäten.

In Graz übernahm 1972 der Theologe Philipp Harnoncourt die Professur für dieses Fach. Schon im Jahr darauf richtete er ein Institut ein. Für Harnoncourt war die konkret gefeierte Liturgie der entscheidende Forschungsgegenstand, nicht nur liturgische Bücher und Texte. Deshalb bekamen die christliche Kunst und die Hymnologie (Kirchengesangsforschung) schon im Namen des Instituts einen fixen Platz: „Institut für Liturgiewissenschaft, christliche Kunst und Hymnologie“. Immer stärker wurden die Liturgien der Kirchen für den Institutsgründer zu einem Motor für ökumenisches Denken, das auch den Blick auf jüdische Liturgie aufgriff.

Vor der Institutsgründung gab es nur einen Schrank mit Material zum Thema, erinnerte sich Erich Renhart, Harnoncourts erster Nachfolger als Institutsleiter. Mit Heimo Widtmann und Wiltrud Resch für die christliche Kunst, mit Franz Karl Praßl für die Kirchenmusik und mit dem orthodoxen Theologen Grigorios Larentzakis als Partner in der Ökumene sowie mit P. Hans Josef Limburg als Assistent widmete sich ein vielseitiges Team den Schwerpunkten des Instituts. Harnoncourt brachte liturgische Bildung auch in die Pfarren hinein. Für die Neugestaltung von Altarräumen in Kirchen begründete er ein eigenes Modell mit Begutachungen von Seiten der Liturgie und der Kunst. Eine Frucht der Liturgiereform war die Diözesankommission für Liturgie. Deren Vorsitzender Kan. Alois Kowald mahnte ein, dass im Gottesdienst immer das „Pascha-Mysterium“, also Tod und Auferstehung Christi, gefeiert wird.

Im ersten Institutsgebäude in der Grazer Bürgergasse waren Liturgiewissenschaft und Kirchenmusik Nachbarn unter einem Dach, erinnerte der in Rom Gregorianik lehrende Prof. Franz Karl Praßl. Die Liturgiereform hatte einen neuen Zugang zur liturgischen Musik gebracht. Gesang ist im Gottesdienst nicht Umrahmung, sondern Glaubensakt.

Gegenwartsaufgaben sprachen Prof. Basilius J. Groen, Institutsvorstand von 1999 bis 2018, und der Festvortragende Prof. Benedikt Kranemann aus Erfurt an. Dazu gehören die liturgische Sprache mit dem Wunsch nach neuer Poesie, die von der menschlichen Erfahrung ausgehende Sicht auf Liturgie, die gute Performance ebenso wie ein neues Gefühl für Heiligkeit, der Blick auf die veränderte Rolle von Religion und Kirche, die Frage nach Beteiligungsformen, nach Geschlechtergerechtigkeit, Macht und Klerikalismus und eine Abkehr von eurozentrischem Denken.

2019 wurden die Fachbereiche Fundamentaltheologie, Dogmatik und Liturgiewissenschaft zu einem Institut fusioniert. Prof. Peter Ebenbauer erstellte beim Symposium dem Fachbereich Liturgiewissenschaft ein Zehn-Punkte-Programm für eine theologische Ritualwissenschaft, die die gottesdienstliche Praxis kompetent begleitet.

Herbert Messner

Die Reise fortsetzen
60 Jahre Liturgiereform. Baustellen und Perspektiven.

Am zweiten Tag des Symposiums, diesmal im Grazer Barocksaal, stand das Jubiläum „60 Jahre Liturgiereform“ im Vordergrund. In seinem Grußwort wünschte sich Bischof Wilhelm Krautwaschl mit Bezug auf den Titel des Symposiums auch für die Kirche hier und heute „solch einen Hindurchgang des Heiligen Geistes“.
In kurzen Statements wurde der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils auf Liturgieverständnis, Bedeutung der Heiligen Schrift, Kirchenmusik, kirchliche Kunst und liturgische Bildung hatte.
Die Festvortragende Prof. Birgit Jeggle-Merz aus Luzern benannte auch uneingelöste Impulse des Konzils. Als Baustellen wurden die liturgische Sprache, Einheit bei gleichzeitiger Vielfalt sowie Macht und Klerikalismus diskutiert. Im Zentrum von Vortrag und Gespräch stand die Frage, wie wir mit den Menschen von heute Liturgie feiern können.
Drei Workshops richteten den Blick in die Zukunft: alte und neue Rituale, Musik und Gesang als Schlüssel zur liturgischen Erfahrung und das Teilen von liturgischen Ideen und Erfah-rungen.
Birgit Jeggle-Merz erinnerte an die Überschrift vom Schlusskapitel im Bericht der Weltsynode: „Die Reise fortsetzen“. Genau dies gelte auch für die vor 60 Jahren begonnene Liturgiereform.

Bruno Almer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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