Heiliges Land
Hier fand er zu Gott

Die Quelle mit dem Becken, in dem auch eine Taufe durch Eintauchen und Untertauchen möglich war. | Foto: Fleckenstein
2Bilder
  • Die Quelle mit dem Becken, in dem auch eine Taufe durch Eintauchen und Untertauchen möglich war.
  • Foto: Fleckenstein
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Zugänglich ist nun ein Ort, der an eine frühchristliche Taufe erinnert.

Seit Jahrhunderten kamen christliche Pilger zur Philippusquelle, um sich an die Episode in Apostelgeschichte 8,26–39 zu erinnern, in der Philippus den äthiopischen Eunuchen taufte, der als Kämmerer für die Schatzkammer der Königin Kandake zuständig war.
Philippus gehörte zu den sieben „Diakonen“. In der frühchristlichen hellenistischen Gemeinde wurden sie für die Betreuung der Armen ausgewählt. Von einem Engel geleitet, befand er sich auf der Straße, die von Jerusalem nach Gaza führte. Nun sah er den Diener der äthiopischen Königin nach einem Besuch in Jerusalem in seinem Wagen sitzend. Ein Mann, reich, gebildet, an verantwortlicher Position, ein Entscheidungsträger. Er hatte sich von Äthiopien aus auf den Weg nach Jerusalem gemacht. Er wollte Gott finden. Aber er wurde bitter enttäuscht. In Jerusalem durfte er den Tempel nicht betreten; denn als Eunuch galt er als unrein. Nur einen Blick auf den Vorhof der Heiden durfte er wagen. Mehr nicht. Aber der Eunuch ließ sich nicht entmutigen. Er kaufte sich eine kostbare Schriftrolle. Das Buch des Propheten Jesaja. Und er begann darin zu lesen. Aber er verstand den Inhalt nicht.

Der Heimweg wurde lang und heiß. Aber da, mitten auf der heißen Einöde, tauchte auf einmal Philippus auf. Er stand einfach da. Wie einer, der per Anhalter weiterkommen möchte. Er stellte nur eine Frage: „Kann ich dir helfen?“ „Ja! Bitte, hilf mir. Ich verstehe das alles nicht“, lautete die Antwort. Kurzerhand stieg Philippus zu dem fremden reichen Mann in den Wagen und begann von Jesaja zu erzählen. Der Äthiopier war ergriffen von den Worten. Plötzlich verstand er, dass Gott ihn gefunden hatte. „Da ist Wasser, was hindert’s, dass ich mich taufen lasse?“, fragte er. „Nichts“, sagte Philippus und taufte ihn. Nichts hinderte den Eunuchen, dass er dazugehörte. Zum Gott des Jesaja. Zum Gott des Philippus. Zum Gott Jesu. Der Kämmerer blühte auf. Mitten auf der staubigen Straße öffnete sich für ihn eine neue Welt. Und er zog fröhlich weiter.

Zwei Elemente des Ortes passen in die Beschreibung als Schauplatz dieser Geschichte. Er liegt an der alten römischen Straße Jerusalem–Gaza (Apg 8,26) und verfügt über eine Quelle, die in ein Becken fließt. Dort konnte Philippus den Äthiopier untertauchen (Apg 8,38).

Auf der Ostseite des Beckens ist eine Reihe von Säulenbasen sichtbar. Möglicherweise wurde das Bassin für religiöse Zeremonien genutzt. Die israelische Natur- und Parkbehörde hält den Wasserstand darin so niedrig, dass Kinder plantschen und durchwaten können. Körperlich fitte Besucher können zwischen der Quelle und dem Becken etwa 9 m durch den unterirdischen Tunnel kriechen.

Vor Pessach, dem jüdischen Osterfest, schöpfen manche Leute Wasser aus dem Teich, um die besondere Feiertagsmatza, ungesäuertes Brot, zuzubereiten.
Die Haniya-Quelle ist ein heiliger Wallfahrtsort seit dem 4. Jahrhundert vor allem für Mitglieder der armenischen und äthiopischen Kirche. Aber nicht nur Christen, sondern auch Muslime und Juden respektieren die Heiligkeit der Stätte. Im November 2010, als der Winterregen ausblieb, versammelten sich Vertreter der drei Glaubensrichtungen an der Haniya-Quelle zu einem gemeinsamen Gebet um Regen.

Karl-Heinz Fleckenstein

Die Philippusquelle

Ein äthiopischer Eunuch wurde hier vom Diakon Philippus getauft.

Die Philippusquelle ist nun ein der Öffentlichkeit zugänglicher biblischer Ort im neuen Jerusalemer Stadtpark. Die Quelle befindet sich südwestlich des Eingangs zum Rephaim-Tal, das in der Bibel als Schauplatz einer Schlacht zwischen David und den Philistern erwähnt wird (2 Sam 5,17–22). Auf Arabisch ist die Quelle als Ein Haniya bekannt.
Sie entspringt aus zwei Höhlen. Darüber befindet sich das Quellhaus. Sie liegt entlang der Grünen Linie auf dem Land des palästinensischen Dorfes al-Walaja und wurde seit Generationen als Trinkwasserversorgung, Bewässerungsquelle, Nahrung für Schafe und Feldfrüchte und zur Erholung genutzt. Jahrzehntelang diente die Quelle sowohl israelischen als auch palästinensischen Besuchern ohne Unterbrechungen.
Im Jahr 2010 stellte Israel seine Trennmauer neben al-Walaja fertig und trennte sie von der Quelle und etwa 250 Hektar ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Trotzdem konnten die Bewohner von al-Walaja die Barriere umgehen und das Gebiet mit dem Auto oder zu Fuß erreichen, da der bestehende Kontrollpunkt etwa 1,5 Kilometer hinter der Quelle lag. Der neue Kontrollpunkt verbietet jedoch heute den Palästinensern den Zugang zur Quelle.

Rembrandt. Taufe des äthiopischen Kämmerers, 1626. | Foto: Fleckenstein
Die Quelle mit dem Becken, in dem auch eine Taufe durch Eintauchen und Untertauchen möglich war. | Foto: Fleckenstein
Rembrandt. Taufe des äthiopischen Kämmerers, 1626. | Foto: Fleckenstein
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ