Seligsprechung
Herzlicher Hirte

Mit Kindern, hier mit einem Ministranten, führte Papst Johannes Paul I. gerne einen Dialog, auch bei den Audienzen. | Foto: vatican news
  • Mit Kindern, hier mit einem Ministranten, führte Papst Johannes Paul I. gerne einen Dialog, auch bei den Audienzen.
  • Foto: vatican news
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Papst Johannes Paul I. wird am 4. September in Rom seliggesprochen.

Das Jahr 1978 mit drei Päpsten und zwei Konklaven (Papstwahlen) ging in die Geschichte ein und ist bis heute im Gedächtnis vieler Menschen verankert. Am 6. August war Paul VI. im Alter von 80 Jahren überraschend an Kreislaufversagen verstorben. In der extremen Hitze des 26. August wählten die 111 Kardinäle den 65-jährigen Patriarchen von Venedig zu seinem Nachfolger, Albino Luciani, der als möglicher Papstkandidat in das Konklave eingezogen war, ohne es selbst wahrhaben zu wollen. Diese Papstwahl war eine der kürzesten in der Kirchengeschichte. Ebenso die Amtszeit des Neugewählten, die nur 33 Tage dauerte.
Albino Luciani stammte aus einer Arbeiterfamilie und wurde 1912 in Canale d’Agordo in Norditalien geboren. 1935 zum Priester geweiht, bestellte ihn Papst Johannes XXIII. 1958 zum Bischof der Diözese Vittorio Veneto, Paul VI. berief ihn 1969 zum Patriarchen von Venedig.

Es war unüblich, dass sich ein Papst einen Doppelnamen aussuchte. Luciani nannte sich Johannes Paul und bezog sich damit auf seine beiden direkten Vorgänger, auf die Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI., die übrigens später zu Ehre der Altäre erhoben wurden. Der Papstname ist immer auch Programm: Johannes Paul I. wollte das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) weiter umsetzen sowie den Dialog, die Ökumene und den Frieden fördern.

Bei seiner Amtseinführung am 3. September 1978 brach der „Papst des Lächelns“, wie er von den Menschen bald bezeichnet wurde, mit einem jahrhundertealten Zeremoniell. Er verzichtete auf die Krönung mit der Tiara, dem Symbol der weltlichen Macht des Papsttums, sowie auf die Inthronisation. Er wollte in sein neues Amt im Rahmen einer einfachen Messe eingeführt werden. Neu war auch, dass er als Papst von sich in der Ich-Form sprach.

In seiner kurzen Amtszeit hat Johannes Paul I. – der bislang letzte Italiener auf dem Stuhl Petri – keine Enzykliken verfasst, er gab nur vier Generalaudienzen. Was die Menschen am neuen Papst am meisten imponierte, war sein unbefangenes, herzliches Lächeln und sein schlichtes Auftreten. Er strahlte Freude und Menschlichkeit aus. „Humilitas“ – Demut, das war nicht nur sein Motto im Bischofsamt, sondern auch für seinen Dienst als oberster Hirte der Kirche.

Als Johannes Paul I. gegen Mitternacht des 28. September 1978 unerwartet und einsam einem Herzinfarkt erlag, waren die Menschen weltweit erschüttert. Sein plötzlicher Tod, die Darstellung der Todesumstände durch den Vatikan und die unterlassene Autopsie nährten Spekulationen, der Papst könnte einem Mordkomplott zum Opfer gefallen sein, was von der Boulevardpresse, verschiedenen Publikationen sowie im Film verbreitet wurde.

Als Luciani noch Patriarch von Venedig war, schrieb er monatlich Briefe an bekannte Persönlichkeiten der Weltgeschichte, der Literatur und Kultur für die Zeitschrift „Messaggero di S. Antonio“ („Sendbote des heiligen Antonius“). Unter den 40 Briefen befindet sich einer an Jesus, welchen er mit den Worten schließt: „Es kommt nämlich nicht darauf an, dass jemand über Christus schreibt, sondern dass viele Menschen Christus lieben und ihm nachfolgen.“ Genau das hat Johannes Paul I. mit seinem Leben eindrucksvoll bewiesen.

Michaela Sohn-Kronthaler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ