Zum 8. Dezember
Die andere Pandemie

Maria wird oft als Schlangenzertreterin dargestellt. Sie steht über der Schlange, über der verbotenen Frucht der Paradieseserzählung. Sie verkörpert das Heilsein des Menschen gegenüber seinem Gebrochensein. – Ausschnitt aus einer Immakulata-Darstellung in der Grazer Franziskanerkirche. | Foto: Neuhold
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  • Maria wird oft als Schlangenzertreterin dargestellt. Sie steht über der Schlange, über der verbotenen Frucht der Paradieseserzählung. Sie verkörpert das Heilsein des Menschen gegenüber seinem Gebrochensein. – Ausschnitt aus einer Immakulata-Darstellung in der Grazer Franziskanerkirche.
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Zum 8. Dezember. Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria.

Irgendwo in China soll es aufgetaucht sein, das Covid-19-Virus. Es ließ sich aber nicht verhindern, dass es sich rasch ausbreitete. Bald wurde es als Pandemie eingestuft – als weltweite gefährliche Infektionskrankheit. Und seither hat wirklich die ganze Welt mit diesem Krankheitserreger zu kämpfen. Todesfälle, hohe Infektionszahlen, Gesundheitssysteme mit oder vor dem Zusammenbruch stehen uns täglich vor Augen. Heilmittel und Vorbeugungsmittel werden noch gesucht. Lockdowns und Minimierung der Sozialkontakte begleiten unseren Alltag, helfen bei der Eindämmung der Pandemie, haben aber viele negative Nebenwirkungen.

Vielleicht verstehen wir in dieser Zeit etwas besser, was wir in unserem Glauben mit dem Begriff „Erbsünde“ meinen. Das Böse, das Handeln gegen Gott oder seine Geschöpfe, lässt sich nicht irgendwo lokalisieren. Ist es einmal da, breitet es sich weltweit aus, betrifft es alle. Es ist ansteckend. Deshalb sagt uns der Glaube, dass der Mensch grundsätzlich von der Sünde betroffen ist, dass er Befreiung und Erlösung braucht. Zu glauben, alles zu beherrschen, alles richtig einzuschätzen – die Bibel nennt das „sein wie Gott“ – erweist sich immer wieder als Trugschluss (die Bibel nennt das „Schlange“).

Unsere Bibel erzählt uns diese Wirklichkeit gleich am Anfang in Form von Geschichten. Adam und Eva, Herr und Frau Mensch, lassen sich verleiten, ohne Gott auskommen zu wollen, keine Grenzen (die Bibel nennt das „verbotene Frucht“) akzeptieren zu müssen. Das bleibt nicht einmalig. Es führt zum Verstecken vor Gott, zum Aufeinander-Losgehen, zum Brudermord, zur Schöpfungszerstörung (Sintflut), zu einer gespaltenen Welt (Sprachverwirrung). In diesen Erzählungen sind unsere heutigen Krisen schon enthalten. Und das Ganze hat in dieser Geschichte den Lockdown des Paradieses zur Folge. Was als „Garten“ gedacht war, wird nun oft zur „Wüste“ oder zum „steinigen Boden“.

Das Böse hat offenbar grundsätzlich den Charakter einer Pandemie. Aber Gott sorgt auch für Heilmittel und Gegenmittel. Er spricht Menschen an, erwählt und beruft sie, macht sie zu seinem Volk und dessen Prophetinnen und Propheten. Und schließlich kommt er selbst auf diese von der Pandemie des Bösen betroffene Erde, um den Lockdown zu beenden. „Denn verschlossen war das Tor, bis der Heiland trat hervor“, singen wir in einem Adventlied. Der Christbaum erinnert uns an den nun wieder zugänglichen Paradiesesbaum, dessen Früchte wir essen können.

Am 8. Dezember feiern wir Maria als dafür von Gott Erwählte. Sie ist das Bild für den Menschen, wie Gott ihn sich gedacht hat. Ihr Ja zu Gottes Willen ist das Gegenmittel gegen das Böse, das Nein zu Gottes Willen. Deshalb feiern wir sie als „Pandemiebefreierin“, als von Anfang an von der „Erbsünde“ oder „Erbschuld“ befreit. Dieses Fest ist deshalb neun Monate vor dem Fest ihrer Geburt (8. September) angesetzt. Die Empfängnis im Leib ihrer Mutter Anna gilt als Lebensanfang.
Wenn es ein Heilmittel gibt, heißt es nicht, dass es die Krankheit nicht mehr gibt. Auch seit Maria den Erlöser zur Welt gebracht hat, versucht sich das Böse auszubreiten, global und pandemisch. Als Getaufte sind wir erwählt, das Ja zum Willen Gottes, zu seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen als Gegenmittel herzuzeigen.

Herbert Messner

Heil und gebrochen
Ganzwerden. Maria zeigt den Weg zu einem Miteinander mit Gott.

Es gibt eine Grundgebrochenheit in uns Menschen, die uns allen miteinander zu eigen ist. Wir sind nicht Gott, wir sind Menschen, das heißt, wir werden uns immer wieder verfehlen, werden unser Ziel nicht erreichen. Das ist ein Mangel, der uns von der Vollkommenheit trennt, dem „Ganz-Sein“. Wir sind nicht „ganz“, wir sind nicht „heil“, sondern in uns ist eine „Gebrochenheit“. In uns lebt auch das Böse, in uns und mit uns lebt auch der Tod, das „Nicht-Leben“. Mit diesem „Vermächtnis“ werden wir sozusagen schon geboren und müssen damit leben lernen.
Der Gegensatz dazu ist das „Heil-Sein“: ein innerer Zustand, der das Böse, den Tod kennt – und der all das doch überwindet. Ein Zustand, in dem ich all das integrieren kann, weil ich auf eine Macht, eine Kraft vertraue, die größer ist als all die Gebrochenheit.
Ich glaube, darum geht es bei dem Fest am 8. Dezember: um das Heil- und das Gebrochen-Sein. In Maria hat die Gebrochenheit keinen Platz gehabt. Sie war so mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzer Kraft auf den Herrn und auf das Leben ausgerichtet, dass sie sich gibt, ganz und gar ihm hingibt. Und zugleich ist sie so sehr Mensch, dass sie um diese Gebrochenheit weiß, uns in unserer Gebrochenheit annehmen und anhören kann.
Aus: Andrea Schwarz, Eigentlich ist Maria ganz anders, Herder

Maria wird oft als Schlangenzertreterin dargestellt. Sie steht über der Schlange, über der verbotenen Frucht der Paradieseserzählung. Sie verkörpert das Heilsein des Menschen gegenüber seinem Gebrochensein. – Ausschnitt aus einer Immakulata-Darstellung in der Grazer Franziskanerkirche. | Foto: Neuhold
Der Name Maria begrüßt die Ankommenden in Maria Fieberbründl. Marienorte haben oft mit Quellen (Reinheit) zu tun. | Foto: Neuhold
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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