Heiliger Leopold III.
Politiker mit kirchlichem Eigensinn

Die im romanischen Stil von 1114 bis 1136 erbaute Stiftskirche Klosterneuburg ist ein Zeugnis der durchaus eigenwilligen Kirchenpolitik von Markgraf Leopold III., der 1485 heiligge­sprochen wurde.
 | Foto: Ilhan Balta - stock.adobe.com
  • Die im romanischen Stil von 1114 bis 1136 erbaute Stiftskirche Klosterneuburg ist ein Zeugnis der durchaus eigenwilligen Kirchenpolitik von Markgraf Leopold III., der 1485 heiligge­sprochen wurde.
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Leopold III. (1096 - 1135) war in vielen Dingen ein Kind seiner Zeit. Er förderte Kirche und Klöster, suchte sie aber auch in seinen Dienst zu stellen. Seine von Kriegen weitgehend freie Regierungszeit ist ein Meilenstein im Werden Österreichs.

Als die Babenberger im Jahr 976 in die wieder­errichtete „Marchia orientalis“, die „Ostmark“, kamen, war diese noch ein sehr überschaubares Gebiet. Die Babenberger, die selbst diese Bezeichnung übrigens nie verwendeten, waren eng mit dem bairischen Hochadel verwandt. Die Bezeichnung leitet sich von verwandtschaftlichen Beziehungen zu Bamberg im heutigen Oberfranken her. Ihre nächsten Verwandten dürften die bairischen Luitpoldinger gewesen sein.

Auf das kleine Gebiet östlich des Traungaus, das sich wenige Kilometer nördlich der Donau nach Osten hin bis an die Traisen und im Süden ins Alpenvorland erstreckte, bezieht sich die erste Nennung des Namens „Ostarrichi“ in einer Urkunde aus dem Jahr 996. Aus diesen bescheidenen Anfängen ist im Verlauf von gut zwei Jahrhunderten „tatsächlich unser Land als historisches Wesen geformt worden“, resümiert der verstorbene St. Pöltner Historiker Karl Gutkas.

Die Bezeichnung „Markgraf“ kommt von der Gemarkung, also von der Grenze, die hier nach Osten hin gegen Böhmen und Ungarn zu sichern war. Sie allein begründete eine Vorrangstellung. Zumindest anfangs waren die „Zugezogenen“ an Hausmacht und Grundbesitz Hochadeligen wie den Grafen von Ebersberg, Raabs, von Burghausen-Schala oder den Formbach-Ratelnbergern, aber auch Ministerialen wie den Maissauern oder Kuenringern keineswegs ebenbürtig. Doch schon Leopold I. (976 - 994) verstand es, seine Herrschaft nach Osten hin über die Traisen bis in den Wienerwald und zur Leitha zu erweitern. Genaue Grenzen sind kaum festzumachen. Hier sei daran erinnert, dass die bairischen Bischöfe schon um 800 eine Missionsoffensive nach Osten begannen – dabei wurde auch ein Augustinerkloster in der heutigen Diözesan- und Landeshauptstadt St. Pölten gegründet.

Gründer von Städten und Klöstern

Mit der Einnahme der slawischen Feste bei Gars-Thunau im Jahr 1051 nahm das Herrschaftsgebiet der Babenberger langsam die Gestalt des heutigen Niederösterreich an. Konsequent investierten die Babenberger in die Infrastruktur. Tulln, (Kloster-)Neuburg, Hainburg, Krems und Stein erhielten schon um das Jahr 1000 den Stadtrang, auch St. Pölten 1159 durch den Bischof von Passau in babenbergischer Zeit. Städte waren gleichermaßen Handels- und mit Mauern bewehrte Zufluchtsorte.

Auch damals wirkten große historische Ereignisse wie die Kreuzzüge und der Investiturstreit bis in die untersten Ebenen des Reiches hinein fort, entzweiten Herrscherhäuser, ließen Bischöfe in Ungnade fallen. Ein solcherart Verbannter war der Passauer Bischof Altmann, der nach Göttweig kam und auch ein wichtiger Erzieher Leopolds III. war. Dessen Vater Leopold II. stand anfangs auf der Seite des Kaisers, wechselte unter dem Einfluss Altmanns jedoch auf die Seite des Papstes Gregor VII. Obwohl ihn Kaiser Heinrich IV. in der Schlacht bei Mailberg 1082 besiegte, war es dem Kaiser nicht möglich, ihn aus der Mark zu vertreiben oder gar die Nachfolge durch dessen Sohn Leo­pold III. im Jahre 1096 zu verhindern. Es kam noch komplizierter. Als sich Heinrich V. gegen seinen Vater Heinrich IV., den regierenden Kaiser, wandte, war Leopold III. diesem als Lehensnehmer zum Beistand verpflichtet. Leopold und sein Schwager, der Böhmenherzog Boriwoy, zogen sich in der wenig aussichtsreichen Lage aus dem Heer Heinrichs IV. zurück, womit die Entscheidung zugunsten von Heinrich V. gefallen war. Für Leopold III. war diese „Neutralität“ durchaus kein Nachteil. Der junge Kaiser sicherte dem bereits verwitweten Leopold seine ebenfalls verwitwete Schwester Agnes als Gemahlin zu, wodurch der Markgraf in die höchsten Kreise des Reichs aufstieg.

Zeugen für die geistige Kultur dieser Zeit sind nicht zuletzt zahlreiche Klöster. Klosterneuburg am neuen Verwaltungszentrum unter Leopold III. kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. In der Dimension des Baus schwingt die Hoffnung auf eine Erhebung zum Bischofssitz und damit die kirchliche Loslösung von den Passauer Bischöfen mit. Dazu kam es allerdings nicht, unter anderem weil 1155 Wien zur neuen Residenzstadt wurde, gleichzeitig mit der Erhebung zum Herzogtum und dessen Loslösung von Bayern.

Stift Melk (gegründet 1089) war eine frühe Residenz der Babenberger. In kurzer Zeit entstanden Klöster wie Seitenstetten (1109), Herzogenburg (1112), das Zisterzienserstift Heiligenkreuz (1133) und dessen Tochtergründung Zwettl (1138), das Benediktinerstift Altenburg (1144) und das Prämonstratenserstift Geras (1153). 1202 folgte unter Leopold VI. Lilienfeld als letztes, groß angelegtes Kloster der Babenberger.

Mit den neuen Orden kam auch frischer Wind ins Land. Architektur, Literatur, Kunst und Wirtschaft erfuhren neue Impulse. Eine treibende Kraft war Otto, ein Sohn Leo­polds III. und späterer Bischof von Freising. Er war in jungen Jahren Propst von Klosterneuburg, kam zum Studium nach Paris und war dort von den Zisterziensern begeistert, die durch ihn in den Wienerwald kamen. Sie standen aber auch für kirchliche Unabhängigkeit, was dem damaligen staatskirchlichen Denken mit Eigenklöstern, die dem Regenten unterstanden, diametral entgegenstand. Erst recht folgte bald darauf mit den Franziskanern eine noch radikalere kirchliche Reformbewegung.

Die Zeit der Babenberger ging unrühmlich zu Ende. Leopold VI. mit dem Beinamen „der Glorreiche“ (1198 - 1230) leitete eine neue Gründungsphase ein, unter ihm kam es aber auch zu ersten Ketzerverfolgungen. Sein Nachfolger Friedrich II. erhielt den Beinamen „der Streitbare“, weil er sich mit allen Nachbarn verfeindete. Er wurde 1236 von Kaiser Friedrich II. geächtet und fiel am 15. Juni 1246 in der Schlacht an der Leitha gegen den Ungarnkönig Béla IV. Das Grabmal des letzten Babenbergers ist ein eindrucksvolles Hochgrab im Kapi­tel-saal des Stiftes Heiligenkreuz. schl-

Autor:

Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt

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