30. Sonntag im Jahreskreis | 29. Oktober 2023
Meditation

Bayerischer Barockhimmel, Deckenfresko der Anastasia-Kapelle im Kloster Benediktbeuern. | Foto: Werner Konrad
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Symphonie des Himmels

Himmel bedeutet die Verwirklichung der menschlichen Utopien. Zunächst der Versöhnung des Menschen mit sich selbst, des Bewussten mit dem Unbewussten, der Archäologie des Wissens, die wir in uns tragen.
Mit den Strukturen, die das Bewusste hervorbringen, und der Schatten unserer Persönlichkeit mit ihren Lichtern, in einer unvergänglichen höheren Synthese.

Sodann wird sich der Mensch auch mit dem Kosmos und der Kosmos mit sich selbst versöhnen. Das Alte Testament spricht die Sprache der Utopie: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange“ (Jes 11,6–8).

Die Apokalypse verspricht einen neuen Himmel und eine neue Erde, in der „der Tod nicht mehr sein wird, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen“ (Offb 21,4).

Die Stadt Gottes bedarf weder der Sonne noch des Mondes; denn die Herrlichkeit Gottes erhellt sie (Offb 21,23). Hinter solchen Utopien steckt die Kraft des Prinzips Hoffnung.
Im Himmel wird diese Utopie zur Topie werden, die Jesus in seiner Predigt vom Reich der Himmel schon vorausgesagt und in seiner Auferweckung als möglich erwiesen hat.

Die Feststellung, Jesus sei gekommen, um uns den Himmel zu zeigen, fasst in einer wenn auch möglicherweise schon abgegriffenen Formel ohne großen Lebenswert die eigentliche Bedeutung Christi zusammen. Er sollte uns nicht nur zeigen, wie die menschliche Existenz auszusehen habe, sondern auch, was das Ziel des Lebens sei (der Himmel) und wie wir es erreichen müssten und könnten.

Im Himmel wird eine umfassende Versöhnung stattfinden. Das heißt: Alles wird füreinander transparent werden. Nichts wird mehr der Offenbarung Gottes im Wege stehen. Alle Dinge werden wie zu Spiegeln werden, die aus verschiedenen Winkeln dasselbe freundliche und liebevolle Antlitz Gottes reflektieren. Alles wird wie zu einer herrlichen Symphonie, in der sich die Verschiedenheit von Tönen und Klängen in einer göttlichen und unsagbar harmonischen Musik artikulieren wird.

Leonardo Boff, in: Ida Lamp,
Trost in Zeiten der Trauer, Topos Premium

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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