28. Sonntag im Jahreskreis | 15. Oktober 2023
Kommentar

Der Zorn Gottes

Vor wenigen Tagen ist Walter Grund gestorben, der wahrscheinlich bekannteste Bewohner der Lebenswelt Kainbach. Er hat immer gerne und mit genüsslichem Schaudern auf den Zorn Gottes hingewiesen: „Da ist der Himmelvater z’wider!“ Auch das dazugehörige Zähneknirschen hat er gut beherrscht. Walter hatte einen sehr unmittelbaren Draht zu Gott. Er musste es also wissen. Ich hingegen tue mir mit der Vorstellung eines zornigen
Gottes viel schwerer. Sind solche Emotionen nicht etwas zutiefst Menschliches?

Der König im Gleichnis Jesu, der uns ja eine Vorstellung von Gott vermitteln soll, wird allerdings auch von glühendem Zorn erfüllt. Er läuft geradezu Amok, er holt zu einem brutalen Vergeltungsschlag aus, der Tod und Zerstörung bringt. Und am Ende wirft er den, der immerhin seiner Einladung folgt, aber nicht angemessen adjustiert ist, hinaus in die Finsternis. Ein solches Verhalten lässt eine tiefe Kränkung vermuten, die der König angesichts der Geringschätzung gegenüber seinem Fest empfindet. Wie aber passt ein solcher zorniger Gott zur Verkündigung Jesu?

Jedenfalls ist sein Gott keiner, der souverän und unnahbar über den Dingen steht. Er ist kein unbewegter und unbewegbarer Beweger. Der Gott Jesu ist verletzlich, es ist ihm nicht egal, ob wir Menschen seine Einladung zu einem Leben, das er uns zum Fest machen will, annehmen. Und es ist ihm nicht egal, wie wir gekleidet sind. Der Apostel Paulus sagt, wir sollen das Gewand der Bosheit und Sündhaftigkeit ablegen und uns als Erwählte Gottes mit Erbarmen, Güte, Demut und Geduld (Kol 3,12) bekleiden.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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