2. Adventsonntag | 4. Dezember 2022
Kommentar

Was lässt mich aufblühen?

Am 4. Dezember gibt es den schönen Brauch, im Gedenken an die hl. Barbara einen Obstzweig einzufrischen – in der Hoffnung, dass er bis Weihnachten Blüten treibt. Es ist ein sehr treffendes Symbol für die Zeit des Advents, sofern wir diese nicht als vorweihnachtlichen Stimmungsaufheller zweckentfremden, sondern es wagen, in die spirituelle Dimension dieser Zeit einzutauchen.

Advent bedeutet, in Erwartung zu leben. Da gilt es zunächst einmal auszuhalten, dass der kahle Zweig noch nicht blüht, dass ich es mit Unfertigem zu tun habe, von dem ich nicht weiß, ob es gelingen wird. Es bedeutet, die Dunkelheiten in mir und in der Welt bewusst wahrzunehmen, auch wenn ich nicht gleich Licht dorthin bringen kann. Es bedeutet, meinen Sehnsüchten nachzuspüren und ihnen Raum zu geben. Advent kann heißen, aus dem alltäglichen Hamsterrad auszubrechen und eine heilsame Veränderung in Angriff zu nehmen, die mich innerlich wachsen lässt.

Für Jesaja ist es ein Zeichen für das adventliche Anbrechen des Reiches Gottes, dass aus einem morschen Baumstumpf ein frischer Zweig austreibt. Seine Früchte sind die Gaben des Geistes, die bewirken, dass die herkömmliche „Nahrungskette“ außer Kraft gesetzt wird. Adventlich leben heißt, dass nicht der Mensch des Menschen Wolf ist, sondern die Sorge für die Schwachen das Miteinander prägt, dass der Raubtierkapitalismus gezähmt wird.

„Bringt Frucht hervor“, mahnt Johannes der Täufer. Und er taucht die Menschen, damit sie aufblühen, ins Wasser, so wie wir die Barbarazweige.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ