16. Sonntag im Jahreskreis | 17. Juli 2022
Kommentar

Zu viel Marta, zu wenig Maria

Es gibt Menschen, die eine negative Stimmung verbreiten, die Atmosphäre vergiften und andere Menschen hinter deren Rücken schlechtmachen. Meistens liegt die Ursache darin, dass sie mit ihrem eigenen Leben unzufrieden sind, dass es bei ihnen selbst Ungereimtheiten gibt und sie das Glück eines anderen nicht aushalten. Wenn sich bei mir solche Symptome einstellen, sollte ich sie als Alarmsignale wahrnehmen, die mir anzeigen, dass ich von meinem Wesen entfremdet bin und an meinen inneren Antrieben vorbeilebe, dass eine heilsame Kurskorrektur nötig ist.

Jene Marta im Evangelium ist dafür ein treffendes Beispiel. Sie bemüht sich mit ganzer Kraft, eine gute Gastgeberin zu sein und Jesus mit allen zu Gebote stehenden Annehmlichkeiten zu verwöhnen. Sie betrachtet dies als ihre Pflicht, fühlt sich aber damit überfordert und würde aus tiefstem Herzen vielleicht auch lieber mit Jesus sprechen, wie es Maria tut. Und in ihrem Ärger bittet sie nicht ihre Schwester um Hilfe, sondern beschwert sich bei Jesus über diese und ersucht den Gast, den Konflikt für sie zu lösen. Jesus lässt sich auf eine solche Dreieckskommunikation nicht ein. Er nimmt Maria in Schutz und hilft Marta dabei, besser auf ihr Herz zu hören und zu erkennen, was das Wesentliche ist.

Ich denke, auch in der Kirche verkörpern wir zu viel Marta und zu wenig Maria. Wir sind darauf fixiert, ein möglichst großes Pensum abzuspulen und Angebote aufrecht zu erhalten, die uns alle überfordern, und nehmen uns zu wenig Zeit, um auf Jesus zu hören und in seiner Gegenwart zu verweilen.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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