17. Sonntag im Jahreskreis | 25. Juli 2021
Kommentar

Eine Gleichung mit einer Unbekannten

(5+2):5000 = x+12. Mathematisch betrachtet geht sich diese Rechnung nicht aus. Trotzdem sind bei der wunderbaren Speisung nicht nur alle satt geworden, es ist sogar reichlich übrig geblieben. Es gibt also in der Gleichung eine Unbekannte, mit der nicht kalkuliert worden ist. Das ist wohl die Botschaft dieser Geschichte. Ich stelle mir nicht vor, dass Jesus durch eine gebieterische Handbewegung das Brot in den Körben immer mehr werden lässt und diese Erzählung die Wunderkraft Jesu unter Beweis stellen soll. Ich denke, dass sie uns einlädt, uns auf die Suche nach dieser unbekannten Größe zu machen. Sie lehrt uns, jene Wirklichkeit ins Kalkül zu ziehen, die in der Lage ist, einen Mangel in Überfluss zu verwandeln.
Das ist vor allem eine Frage des Blickwinkels. Oft nehmen wir – auch in der Kirche – ein Problem, eine neue Herausforderung gleich unter der Prämisse in den Blick: Das geht nicht! Wir nehmen einen Mangel wahr, stellen unsere Berechnungen an und sehen unter den gegebenen Vorzeichen keine Lösung. Das entspricht dem Ansatz des Philippus. Das Wunder nimmt bezeichnender Weise von einem Kind seinen Ausgang. Es geht nicht berechnend vor, sondern folgt intuitiv dem Impuls seines Herzens und gibt, was es geben kann. Es sieht nicht den Mangel, sondern die vorhandenen Ressourcen.
Diese kindliche Offenheit, sich ganz auf die Situation einzulassen, ermöglicht das Wunder. Denn sie lässt in der Gleichung Platz für die entscheidende Variable: das Wirken Gottes, das immer ein unkalkulierbares Restrisiko birgt.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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