Weltanschaungsarbeit heute | 22
Unsterbliche Cyborgs?

2Bilder

Im Film „RoboCop“ erwacht ein ermordeter Polizist in einem Roboterkörper, Trickfilmkollege „Inspector Gadget“ hat Teleskoparme und -beine. Die „Borg“ in „Star Trek“ werden mittels Technik-Implantaten zu willenlosen Teilen eines Kollektivs. „Akte X“-Folgen zeigen selbstregenerierende Supersoldaten und das rachsüchtige, kältekonservierte Gehirn eines verstorbenen Wissenschaftlers.

Sicher, das ist Science-Fiction. Doch hunderte Menschen haben ihren Leichnam (oder Kopf) einfrieren lassen (Kryonik) und erwarten von der Medizin der Zukunft Heilung oder einen perfekten neuen Körper. Die Forschung hat bereits Erstaunliches erreicht, z. B. die Linderung von Parkinsonsymptomen oder Depressionen durch elektrische Hirnstimulation. Und Versuche, bei denen Querschnittgelähmte mittels Hirnaktivität Geräte steuern, sind vielversprechend.

Mischwesen
Der Künstler Neil Harbisson hat eine Antenne für elektromagnetische Signale im Schädel, und ein Sensor lässt ihn Farben „hören“. Seine Kollegin Moon Ribas empfängt mittels Implantaten Erdbebendaten und spürt sie als Vibrationen. Beide verstehen sich als „Cyborgs“, als Mischwesen aus biologischem Organismus und Maschine, und vertreten die philosophische und weltanschauliche Strömung des „Transhumanismus“ (kurz: TH; von lateinisch trans – „jenseits, darüber hinaus“ und humanus – „menschlich“). Der Begriff wurde vom Biologen und Philosophen Julian Huxley geprägt, der meinte, dass die menschliche Spezies über sich hinauswachsen und der Mensch sich selbst durch neue Möglichkeiten überwinden könne. Letztes Ziel ist Unsterblichkeit, der Weg dahin die Verbesserung und Steigerung (engl. enhancement) der Fähigkeiten des „biologischen Mängelwesens“ Mensch: durch pharmakologisches (leistungssteigernde Drogen), morphologisches (Veränderung von Form und Funktion), genetisches (Eingriff in die DNA) oder Cyborg-Enhancement („bessere“ Materialien im Körper, technische Implantate und Mind Uploading, d. h. „Digitalisierung“ des menschlichen Bewusstseins, das so unabhängig von austauschbaren Körpern existieren könne).

Einerseits faszinierende Möglichkeiten, andererseits ergeben sich daraus kritische Anfragen: Wird es diese Technologien jemals geben? Wird die soziale Kluft nicht größer, wenn sich nur Privilegierte „Enhancement“ leisten können? Würden sich solche Technologien nicht auch politisch instrumentalisieren und gegen das Gemeinwohl missbrauchen lassen? Könnten sie nicht zur Herrschaft der Maschinen führen? Wird der Mensch nicht auf einen „biologischen Computer“ reduziert und wesentlich Menschliches übersehen, wie z. B. Empfindungen, Erfahrungen, Leiblichkeit und Verletzlichkeit? Steht am Ende nicht Gleichförmigkeit statt Vielfalt, weil Evolution, auf die sich der TH so gerne beruft, Sterben und Selektion braucht?
Und gibt nicht gerade die Perspektive der Endlichkeit unserem Leben einen einmaligen Wert?

weltanschauungsfragen.at

Lambert Jaschke

MEIN BEITRAG

Lambert Jaschke ist Theologe und Referent für Weltanschauungsfragen in der Diözese Gurk.

Sind Fahrräder, Brillen und künstliche Hüftgelenke schon„transhumanistisch“?
Die Grenzen sind fließend. Doch von der Wiederherstellung verlorener Fähigkeiten und Verbesserung der Lebensqualität durch Wissenschaft und Technik ist es ein großer Schritt zu einer moralischen Pflicht zum „Enhancement“ oder einer Ideologie, die dem „natürlichen“ Menschen mit seinen Grenzen Wert und Würde abspricht.

Wo ist Gott im Transhumanismus?
Der Transhumanismus ist weitgehend atheistisch und kennt keine religiösen oder spirituellen Vorstellungen. Manche VertreterInnen meinen zwar, es werde einen „KI-Gott“ geben, doch letztlich geht es darum, dass der Mensch selbst die Grenzen der Biologie überwindet und zum „Homo Deus“, zum gottgleichen Menschen, wird. Aus christlicher Sicht ist es gerade umgekehrt: Gott wird in Jesus Mensch.

Lambert Jaschke ist Theologe und Referent für Weltanschauungsfragen in der Diözese Gurk. | Foto: Kronawetter
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Schnappschuss einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ