UNO Nachhaltigkeitsziele | Teil 9
Industrie, Innovation und Infrastruktur

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Glossar

Industrie ist jener Teil der Wirtschaft, der sich mit der Gewinnung, Herstellung und Weiterverarbeitung von Produkten beschäftigt. Vieles wird in großen Fabriken maschinell erledigt. Das Wort kommt vom lateinischen „industria“ und bedeutet Betriebsamkeit oder Fleiß.
Innovation leitet sich vom lateinischen „innovare“ ab und bedeutet Neuerung oder Erneuerung. Umgangssprachlich wird der Begriff für neue Ideen und Erfindungen verwendet. Unter dem wirtschaftlichen Fachbegriff versteht man mehr: Neuerungen, die entdeckt/erfunden, eingeführt, genutzt und institutionalisiert werden.
Infrastruktur umfasst alle staatlichen und privaten Einrichtungen, die der Daseinsvorsorge und der wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates dienen. Meist wird sie in technische (Straßen, öffentliche Verkehrsmittel …) und soziale (Schulen, Krankenhäuser …) Infrastruktur eingeteilt. Es gibt aber noch weitere Arten, z. B. grüne Infrastruktur (Parks, Schutzgebiete …).


KENNENLERNEN

Was ist das Ziel?
Eine belastbare Infrastruktur aufzubauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung und Innovationen zu fördern.

Warum?
Wirtschaftswachstum, soziale Entwicklung und Klima-Maßnahmen hängen stark von Investitionen in die Infrastruktur, von nachhaltiger industrieller Entwicklung und fortschrittlichen Technologien ab. Angesichts der sich schnell verändernden weltweiten Wirtschaftslandschaft und zunehmender Ungleichheiten muss nachhaltiges Wachstum eine Industrialisierung beinhalten, die zum einen allen Menschen Teilhabe bietet und zum anderen durch Innovation und belastbare Infrastruktur unterstützt wird.

Was ist das Problem?
Grundlegende Infrastruktur, wie Straßen, Informations- und Kommunikationstechnologien, Sanitäreinrichtungen, Elektrik, Strom und Wasser, sind in vielen Entwicklungsländern kaum vorhanden. Im Jahr 2019 nutzen 87% der Menschen in entwickelten Ländern das Internet, im Vergleich zu 19% in weniger entwickelten Ländern. Dabei leben bereits 90% der Weltbevölkerung in Reichweite eines Mobilfunksignals. Aber nicht alle können sich die Nutzung leisten.

Was muss getan werden?
Das Wachstum neuer Industrien kann den Lebensstandard vieler Menschen heben. Wenn diese Industrien zugleich nachhaltig wirtschaften, hat das auch einen positiven Effekt auf die Umwelt.
Diese Schritte müssen jedoch strukturell begleitet und überwacht sein. Dazu braucht es Standards und Vorschriften für nachhaltiges Wirtschaften. In Zusammenarbeit mit NGOs kann nachhaltiges Wachstum von Unternehmen auch in Entwicklungsländern geschehen. Jede Branche muss sich Gedanken machen, wie sich ihr Handeln auf das Leben anderer auswirkt.


HINSCHAUEN

mit Michael Steiner
Nachhaltigkeit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit als Zielvorgaben ähneln der sokratisch-platonischen Idee des Guten, Wahren und Schönen – wir hoffen auf die Einheit der Trias als handlungsanleitende Vorgabe und wollen sie gleichzeitig verwirklichen.
Für den Fortbestand unserer Gesellschaft sind diese miteinander verflochtenen Zielsetzungen auch notwendig. Allerdings unterstützen sie einander nicht automatisch, es gibt zwischen ihnen immer wieder Zielkonflikte. So gibt es ein Spannungsfeld zwischen Maßnahmen zur Reduktion der Folgen des Klimawandels und der sozialen Integration. Das betrifft nicht nur direkte sozialpolitische Maßnahmen (wie beispielsweise das Pendlerpauschale), sondern auch erkämpfte Lohnsteigerungen und den entsprechenden Zuwachs an Lebensstandards inklusive Lebensmitteln und Urlaubsreisen.
Auch können ökologische Erfordernisse mit wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in Widerspruch geraten: Niedergang der Autoindustrie, Abstieg von Regionen mit fossilen Ressourcen, Gefahr der Deindustrialisierung, allgemeiner Rückgang des Wirtschaftswachstums mit sozialen Folgen.
Diese Zielkonflikte werden verschärft durch die simple ökonomische Beschränktheit der Ressourcen zur Erreichung von Zielen. Diese haben sich gegenwärtig vervielfacht: militärische, aber auch innerstaatliche Sicherheit, Bewältigung von Migrationsströmen, strategische (damit teilweise auch wirtschaftliche) Autonomie. Diese vielfältigen Ziele verursachen Kosten: Nicht alles ist bei wachsender Staatsverschuldung finanzierbar.
Die alte aufklärerische Vorstellung, dass alle guten Ziele gemeinsam verwirklichbar sind, ist eine gut gemeinte Illusion. Die Zukunft wird von schwierigen Abwägungen bis hin zu tragischen Entscheidungssituationen geprägt sein. Ihre Bewältigung verlangt neues aufgeklärtes Bewusstsein.
Univ.-Prof. DDr. Michael Steiner
geboren in Bruck an der Mur, ist Ökonom und Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Uni Graz.


Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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