Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 027
An welchen Gott glauben Christen?

Die heilige Elisabeth von Thüringen in einem Gemälde von Edward Blair Leighton. | Foto: Artmight
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  • Die heilige Elisabeth von Thüringen in einem Gemälde von Edward Blair Leighton.
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Nächstenliebe
Die Gottebenbildlichkeit jedes Menschen hat auch Bedeutung für den Umgang mit Mitmenschen.

Wurzeln von Nächstenliebe
Die Gottebenbildlichkeit erklärt, warum Juden und Christen für soziale und ethische Belange stets besonders ansprechbar waren und sind. Für beide Religionen galt und gilt, dass in dem anderen Menschen Gott selbst begegnet. Diese Glaubensaussage prägt den Umgang mit Kindern, Armen, Fremden, Kranken, Toten sowie anderen schwachen oder ausgegrenzten Menschen. Dieser den Mitmenschen einschließende weite Horizont kennzeichnet die Botschaft Jesu ebenso wie die Gesetzessammlungen des Alten Testaments. So begründet etwa das im Alten Bund formulierte Heiligkeitsgesetz seine Vorschriften (Lev 17,1–26.46) immer wieder damit, dass Gott selbst der Herr des Lebens ist und darüber wacht, dass gesellschaftliche Strukturen wirklich lebensfördernd sind. Ein Vers dieses Gesetzes machte Geschichte. Er lautet: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Lev 19,18)

War die Forderung, für die Belange des Mitmenschen einzutreten wie für seine eigenen, in der Frühzeit Israels noch auf die Angehörigen des eigenen Volkes begrenzt, so wurde sie mit dem Durchbruch zum Monotheismus ausdrücklich auf alle Menschen ausgedehnt, denn nun verstand man Gott als den Vater aller Menschen! Dies führte dazu, dass zunächst die Juden, dann aber auch die Christen eine soziale Praxis entfalteten, die in ihrer Umwelt beispiellos war. Unter den Bedingungen des Mangels, der das Leben der Menschen von der Antike bis hinein in die Neuzeit elementar bestimmte, bedeutete eine Praxis der Nächstenliebe, anderen von den ohnehin knappen eigenen Gütern abzugeben. Wer sich zu Gunsten anderer einsetzen wollte, musste also bereit sein, die eigenen Lebens- und Überlebensmöglichkeiten noch weiter einzuschränken, als dies durch die Bedingungen des Mangels ohnehin der Fall war. – Da Juden und Christen diese Konsequenz aufgrund ihres Glaubens nicht scheuten, wurden sie bereits in der Antike zum Gesprächsstoff. Im Glauben an die Gotteben-bildlichkeit jedes Menschen setzten sie sich nachdrücklich für den Schutz und die Würde jedes menschlichen Lebens ein. So lehnten sie es beispielsweise kategorisch ab, unerwünschte Kinder auszusetzen oder sie in die Sklaverei zu verkaufen, obwohl dies etwa in der römischen Gesellschaft durchaus üblich war. Eine ähnlich menschenfreundliche Haltung praktizierten Juden und Christen im Blick auf das Ende des menschlichen Lebens. Antike Zeugnisse berichten verwundert da-rüber, dass die materiell ohnehin nicht gesegneten Juden und Christen nicht nur ihre eigenen Toten, sondern sogar die Toten anderer bestatten.

Die heilige Elisabeth von Thüringen in einem Gemälde von Edward Blair Leighton. | Foto: Artmight
Barmherziger Samariter, Sicard. | Foto: wmc
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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