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Es grünt so grün

Wie er als Landwirt auf Artenvielfalt achtet, erzählt Biobauer Martin Kappel. Was Englischer Rasen braucht, erklärt Gartenarchitektin Petra Österreicher. Wildblumen-Wiese oder Englischer Rasen? Einhelliges Fazit: Das eine muss das andere nicht ausschließen!

In Gottes großem Garten
Der Englische Rasen fasziniert viele Menschen. Die niederösterreichische Gartenarchitektin Petra Österreicher beschreibt in liebevollen Worten, warum diese Form des Rasens so begeistert. Doch es ist kein einfacher Weg hin zum perfekten Englischen Rasen – besonders im Blick auf die Klimaerwärmung, die diesem grünen Freund nicht gut tut. Demgegenüber weiß Bio-bauer Martin Kappel und Wiesenspezialist von Berufs wegen die Vorzüge der abgestuften Wiesenbewirtschaftung aufzuzählen. Manche Wiesen lässt der Bauer einfach länger stehen. Und das ist nicht nur fürs Auge schön anzusehen, sondern auch wertvoll für den Kreislauf der Natur.

Es macht Sinn, der Natur Platz zu lassen – in Landwirtschaft und Garten.

Martin Kappel

ist Biobauer in Dobl-Zwaring, Bioberater in der Landwirtschaftskammer und schreibt über seine Arbeit auf www.hofgeschichten.at
Wir haben bei uns am Hof Grünland. Also Wiesen, deren Futter die Grundlage für unsere Milchkühe, Kalbinnen und Kälber ist. Einerseits brauchen wir qualitätsvolles Futter, andererseits ist uns Vielfalt auf unseren Wiesen wichtig. Dazu nutzen wir das Konzept der abgestuften Wiesenbewirtschaftung. Gute Standorte (gute Böden, leicht zu bewirtschaften) werden öfter gemäht (3–4 Mal/Jahr) und sichern das Betriebseinkommen. Schlechtere Standorte (Steilflächen, Nasswiesen) mähen wir seltener (1–2 Mal) und lassen so der Natur ihren Raum. Solche Flächen danken es mit einer schönen Artenvielfalt – hier kann man zum Beispiel einen bunten Muttertagsstrauß pflücken. Mit Margeriten, Glockenblumen, Nelken, Bocksbart, Salbei und vielem mehr. Je öfter eine Wiese gemäht und gedüngt wird, desto weniger Pflanzenarten wachsen – in einem Gartenrasen kommen maximal 10 Arten vor, in artenreichen Wiesen ca. 50.

Wilde Ecke im eigenen Garten
Dieses Konzept der abgestuften Nutzung, auch Mosaiknutzung genannt, kann auch im eigenen Garten angewendet werden: Ein Teil wird als Rasen genutzt und oft gemäht, und ein Teil bleibt als „wildes Eck“, wo Pflanzen wachsen, blühen und versamen und Insekten leben können. Denn eine vielfältige Wiese bringt Lebensraum für viele Pflanzen- und auch Tierarten (von einer Pflanzenart sind durchschnittlich zehn Tierarten abhängig), und für uns Menschen ist sie schön anzuschauen. In weniger oft gemähten Wiesen haben Insekten länger Zeit, sich zu entwickeln – diese dienen dann wieder Vögeln als Nahrung. In der Natur hängt alles miteinander zusammen, und es macht Sinn, der Natur ihren Platz zu lassen. In der Landwirtschaft wie im Garten.

Der typische Englische Rasen kommt mehr und mehr in Bedrängnis.

Dipl.-Ing. Petra Österreicher

ist Gartengestalterin und Reiseleiterin für Gartenreisen und hat einen Schaugarten in Bad Pirawarth (NÖ), www.saubergen.at
Ein Englischer Rasen als Inbegriff von Schönheit, Perfektion und zeitloser Eleganz übt schon seit langer Zeit eine große Faszination aus. Seine makellose Erscheinung und sein sanfter Charme haben nicht nur die Gärtner und Gartenbesitzer in England in ihren Bann gezogen. Der samtweiche grüne Teppich fügt sich harmonisch in jede Art von Garten ein, und gleichzeitig beruhigt das Grün die Augen und somit das Gemüt. Im Mutterland – England – dient er üppigen Staudenbeeten als sanfter Rahmen, als Wegebelag, Bindeglied zwischen Beeten und Gartenbereichen sowie Erholungsuchenden als Liege- und Spielfläche.

Ein Symbol im Wandel
Der perfekte Englische Rasen erfordert einige Bedingungen. Er bevorzugt durchlässigen Boden mit ausreichender Feuchtigkeit, moderate Sonneneinstrahlung und gemäßigte Temperaturen. Hinzu kommt regelmäßiges Mähen, meist zwei Mal wöchentlich am besten mit einem Spindelmäher, um die niedrige Schnitthöhe zu wahren und die Dichte zu fördern. Ausreichende Bewässerung und Düngung spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, um die satte Farbe und die Vitalität zu erhalten. Ebenso wichtig: Vertikutieren oder Aerifizieren sowie die rechtzeitige Bekämpfung von Beikräutern. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels kommt der typische Englische Rasen jedoch in Bedrängnis, und robustere Rasenkulturen wie Kräuterrasen oder Blumenwiesen gewinnen an Bedeutung, da sie weniger Wasser und Pflege benötigen und gleichzeitig ein Paradies für Insekten sind. Daher hat auch in England schon ein Umdenken begonnen, und das neue Motto heißt nun: Blumenwiese (fast) überall.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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