Kontrapunkte - Sonntagsplatt-Plus
Ein kühler Schluck Wasser

Die Trinkwasserversorgung ist nicht überall auf der Welt gleich. Johann Wiedner von der Wasserwirtschaft Steiermark und Thomas Klamminger von „Sei So Frei“ führen uns die weltweiten Unterschiede deutlich vor Augen.

Wasser – ein Menschenrecht?
In der Früh aufstehen, in die Küche gehen und einen Schluck kühles Leitungswasser genießen. Das ist in vielen Ländern Europas Alltag. Weltweit sieht das aber anders aus. Und oft sehr viel beschwerlicher. Stundenlange Märsche, um Wasser zu holen, stehen vor allem für viele Frauen und Kinder in ländlichen Gebieten Afrikas an der Tagesordnung. Die großen Unterschiede bei der Trinkwasserversorgung weltweit erörtern Johann Wiedner im Blick auf die Steiermark und Thomas Klamminger aus einer globalen Perspektive mit Fokus auf Ostafrika. Was das für uns heißen kann? Vielleicht mehr Dankbarkeit und Achtsamkeit? Und auch Solidarität?


Eine funktionierende Trinkwasserversorgung ist für uns unverzichtbar geworden.

Dipl.-Ing. Johann Wiedner
ist Leiter der Abteilung 14 für Wasserwirtschaft, Ressourcen und Nachhaltigkeit bei der Steiermärkischen Landesregierung.

Die Steiermark ist ein wasserreiches Land. Regen und Schnee konnten die Grundwasservorkommen bislang immer wieder ausreichend befüllen. 90 % der Bevölkerung bekommen ihr Trinkwasser über öffentliche Anlagen, die von Gemeinden, Verbänden und Genossenschaften betrieben werden. Ein Leitungsnetz von fast 20.000 km bringt das Trinkwasser von Quelle
oder Brunnen zu den Menschen. Im Durchschnitt konsumiert jede Person 120 bis 140 Liter Wasser am Tag, aber nur wenige davon für Trinken und Kochen. Der Wasserverbrauch konnte dank moderner Haushaltstechnik zuletzt zwar stabilisiert werden, das gestiegene Interesse an Swimmingpools erzeugt jedoch neue Verbrauchsspitzen. Wasser ist das wichtigste Lebensmittel und eine funktionierende Trinkwasserversorgung inzwischen ein unverzichtbarer Teil unserer hohen Lebensqualität.

Wasserressourcen besonders schützen
Aktuell wird die Sicherheit der Trinkwasserversorgung auch im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels diskutiert. Durch Hitze und Trockenheit verursachte Probleme, vor allem im Süden und Osten der Steiermark, haben dazu geführt, dass in den letzten 20 Jahren das „Wassernetzwerk Steiermark“ geschaffen wurde, mit dem jederzeit Wasser in Regionen mit geringem Wasserdargebot transportiert werden kann. In diesen Regionen gilt es die vorhandenen Wasserressourcen besonders zu schützen und nicht zu verschwenden. Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Trinkwasser werden weiter ernsthaft zu beobachten sein. Schätzen wir unsere gute Wasserversorgung und leisten wir alle einen Beitrag für eine nachhaltige Nutzung.

Wasser ist die Basis für Entwicklung, Nahrungs-versorgung und Selbstständigkeit.

Thomas Klamminger, BA MA MA
ist Referent für die Aktion „Sei So frei“, die entwicklungspolitische Organisation der
Katholischen Männerbewegung.

Wohl kein anderes Thema drückt die extreme ökologische Ungerechtigkeit auf unserer Welt stärker aus als das Wasser. Die meisten Menschen in Österreich können einfach zum Wasserhahn gehen und einen kühlen Schluck Leitungswasser trinken. Wir sind verwöhnt und daran gewöhnt, uns dieser Lebensnotwendigkeit zu bedienen. In Dürregebieten der Erde ist das Wunschdenken. Meist sind es Frauen und Kinder, die bis zu drei Stunden gehen müssen, um aus Flüssen oder Tümpeln Wasser zu holen. Viele Kinder gehen während der Trockenzeit nicht zur Schule – nach dem langen Fußmarsch sind sie zu müde für den Unterricht. Sehr häufig ist das Wasser so stark von Bakterien verunreinigt, dass Krankheiten wie Durchfall, Cholera oder Typhus auftreten – für Kinder unter fünf Jahren in diesen Gebieten die häufigste Todesursache.

Zwischen Dürre und Hochwasser
Der Klimawandel macht die Wasserkrise noch deutlicher: Während die einen um wenige Tropfen Wasser ringen und vor Trockenheit fliehen, leben zum Beispiel in Europa immer mehr Menschen in Regionen mit Hochwassergefahr. Wasser ist die Basis für Entwicklung und der Ausgangspunkt für Selbstständigkeit und Nahrungsversorgung. Die meisten Menschen in unseren Projektgebieten in Tansania sind Kleinbauernfamilien. Wenn ihre Pflanzen verdorren, verhungern auch Menschen. Die aktuelle Dürre in weiten Teilen Ostafrikas zeigt dies dramatisch. In Österreich, einem der wasserreichsten Länder der Welt, muss uns die globale Verantwortung für ein Menschenrecht auf Wasser besonders bewusst sein.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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