Ausstellung
Innergärten und Trotzdemblüten

Ein Blütenflügelaltar für „verdurstete Seelen“ macht eine der beiden großen Bildinstallationen in der Ausstellung aus. Um eine leere Mitte gruppieren sich Blumen- und Blüten, Bilder und „Gefäße für ein himmlisches Hochzeitsmahl“, aus denen man nicht trinken kann. Die aber eine Ahnung von der Kostbarkeit geben.  | Foto: Johannes Rauchenberger
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  • Ein Blütenflügelaltar für „verdurstete Seelen“ macht eine der beiden großen Bildinstallationen in der Ausstellung aus. Um eine leere Mitte gruppieren sich Blumen- und Blüten, Bilder und „Gefäße für ein himmlisches Hochzeitsmahl“, aus denen man nicht trinken kann. Die aber eine Ahnung von der Kostbarkeit geben.
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KULTUM öffnete am 15. Mai
Gerade jetzt ist Kunst so wichtig wie noch nie. Viel wurde in den letzten Tagen geklagt, dass die Kultur und die Kunst beim Lockern der Maßnahmen so schlecht wegkommen: vor allem, dass keine Veranstaltungen bis zum Sommer, womöglich bis zum Herbst möglich sind. Das ist natürlich sehr bedauerlich, und uns alle schmerzt das sehr.
Dennoch gilt es, alles nur Erdenkliche zu tun, um der Öffentlichkeit zu sagen: Kunst ist ein geistiges Lebensmittel, gerade jetzt! Hier liegen entscheidene Schätze für das Leben gespeichert! So wie unsere „Kirchen unaufdringlich das gespeichert haben, was das Christentum ausmacht“ (Rainer Bucher), so tun das die Museen mit den ihnen eigenen Sammlungsschwerpunkten. Deshalb leistet sich die Gesellschaft diese!
Das KULTUM ist ein Museum, das Ausschau hält nach KünstlerInnen und Kunstwerken, die Religion in der Gegenwart im Blick hat. Wir nutzen die Corona-Zeit, um unsere große Sammlung regionaler und internationaler KünstlerInnen auch online zur Verfügung zu stellen. Bald ist es soweit, und man wird ein großes Museum, das es zwar nicht als Bauwerk, aber in Form realer Kunstwerke gibt, durchwandern können.
Diese Krise zeigt es deutlich: Es gibt viele KünstlerInnen, die unabhängig von äußerem Erfolg, Besucheransturm oder Zugriffszahlen das einfach tun, was sie tun müssen: Einer davon ist der steirische Künstler Alois Neuhold, dessen Ausstellung einen ungeheuren Anspruch hat: Bilder eines verlorenen Paradieses wachzurufen.
Planen Sie ab dem 15. Mai – auch über den Sommer – einen kontemplativen, visionären Museumsbesuch ein! Sie werden belohnt.


Zur Ausstellung

KULTUM, Mariahilfer Platz 3, Graz –
Vernissage: leider nicht möglich.
Dauer: 15. Mai bis 10. Oktober 2020.
Öffnungszeiten: Di–Sa, 11–17 Uhr.
Neu: Sonntag, 17–20 Uhr!
Anmeldung erbeten: Aufgrund der Vorgaben der Bundesregierung ersuchen wir Sie um Anmeldung mit Zeitwunsch unter Tel.
(0 31 6) 71 11 33-31 oder tickets@kultum.at
Eintritt: 5 Euro – Kinder und Jugendliche
bis 18 Jahre frei.


Innergärten und Trotzdemblüten

Die Paradiese diesseits und jenseits des Lebens.

Blumenbilder wollte ich malen, gelandet bin ich im Paradies“ (Alois Neuhold). – Einer, der punktgenau auf die derzeitige Situation eine leuchtende Gegenwelt entwirft, ist der steirische Künstler Alois Neuhold: Wer wagt schon heute, ernsthaft über das Paradies zu reden, das nicht Urlaubs-, Einkaufs-, Senioren- oder Wohlfühlparadiese meint?
So entwertet, wie dieses Wort in unserer gesättigten Gesellschaft ist, so absurd sehnsuchtsvoll kommt es nach den vergangenen Wochen der Corona-Krise daher. All diese genannten Paradiese waren plötzlich gesperrt. Alois Neuhold hat mehrere Jahre lang an den neuen „Blumenbildern“ gearbeitet. Doch nach und nach, so sagt er über seine Arbeit, sei er in die Vorstellung des Paradieses hineingeschlittert … Unter strengsten Auflagen von „Social Distancing“ hat der Künstler mitten im Corona-Lock-Down und meist völlig allein eine berührend schöne Ausstellung bei den Minoriten aufgebaut. Nach und nach wuchs auch eine Gegenwelt zu der aktuellen Isolierungssituation heran. Manchmal ist Kunst so visionär, dass sie die jeweilige Gegenwart einholt und erleuchten kann. Nun ist sie fertig – das Sonntagsblatt gibt einen ersten Einblick!

„Ich sehe die Tür zum Paradies weit offen.“
Ein Vorgarten zum Paradies bildet das Zentrum der Ausstellung: Bunte Blumenskulpturen, Blätter, Tiere versammeln sich um eine verschlossene Tür.
Am Ende der Ausstellung steht wieder eine verschlossene Tür im Zentrum, um die sich eine wunderschöne Installation aus Blumen, Blättern, ja Tieren gruppiert. Es ist die Tür zum Paradies, auf der die Zeile steht: „Ich sehe die Tür zum Paradies weit offen.“ Diese Widersprüchlichkeit trägt sich auch in die ganz konkrete Ausstellungssituation hinein: Geschlossen und offen zugleich.
Alois Neuholds Bilder sind lebenssatt, nur auf den ersten Blick vordergründig naiv. Er geht auf den Grund – im Anspruch, in der Theologie, im Glauben. Von dessen letzter Verheißung ein derartiges Zeugnis abzulegen: Das ist – christlich gesprochen – im tiefsten Sinne österlich. Und ein Leuchten in das Leben, wie es jetzt sich zeigt – für jede und jeden.

Johannes Rauchenberger



Künstlergespräche

VORERST ONLINE unter www.kultum.at
und facebook.com/kultumgraz

Im Sein zu finden

Alois Neuhold verfasste einen poetischen Text zur Ausstellung. Dort ist er als Hörraum zu erleben,
gelesen von Ninja Reichert.

Im verweilenden Schauen, im Staunen, im Lauschen und Innehalten, auf den Bremsgeraden der Entschleunigung, in Humor und Lachen, in den Wiegewipfeln von Stille und Schweigen, in der Laube des Gebetes, in Stunden der Muse, in den Nektarflügen der Freude, in den Hallen des Achtsamen und Wachsamen, im Loslassen von den Anhaftungen und den Knechtungen des Habens, blickt es mich an. Im bloßen Sein ist es zu finden, im „einfach sein“. In unerwarteten Momenten blitzt es auf. Im Strudelteig des Alltäglichen, im Naheliegenden ist es leicht zu übersehen.

Es ist ein inneres Geschehen. Es geschieht in den Herzstuben und Abstiegsleitern, in den Seelenmulden und Innenhöfen, dort, wo alle fühlenden und mitfühlenden Regungen zu Hause sind. Von hier aus strömt es in die Welt. Das Paradies ist in mir, oder es ist nicht. Es ist gesät in die Schollen meines Ackers. Es will keimen. Ich bin gerufen, das Wunder der Entfaltung zu leben, Blatt um Blatt, Blüte für Blüte.

Wenn es das Paradies nicht gäbe, dann müsste man es erfinden, man müsste es postulieren und Bilder dafür schaffen, man müsste es mit tausend Pferden herbeikarren, mit Zügen heranziehen, man müsste so leben, als gäbe es das Paradies. Denn nur so hätten die Welt und das Leben eine Kraft, eine Sicht und einen Sinn, die es verdienten, wirklich Leben genannt zu werden, und es bliebe die Chance, die Höllenberge und Teufelsgräben vielleicht doch zu überwinden und so manches Ödland in etwas Blühendes zu verwandeln.

Was wäre das für eine Welt
, wenn uns diese Weltsicht, wenn uns diese Ahnung und Andeutung an ein Paradies abhanden käme, wenn uns das Krauten und Blühen nicht mehr den Blick frei gäbe für ein Tieferes, für eine Welt, die auch dann noch leben lässt und Leben schenkt, wenn alle Lebenskerzen erloschen sind?

Die Kunde vom Paradies ist kein Fake.

Ein 36 Seiten starkes Textbuch erhalten alle Besucher mit der Eintrittskarte.

Ein 36 Seiten starkes Textbuch erhalten alle Besucher mit der Eintrittskarte. Oben finden Sie einige Auszüge.
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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