Positionen - Elisabeth Wimmer
Net aufhuss’n lassen

Es war ein kurzer Seitensprung im Wohnzimmer Ende Oktober: zur Rede des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an seine Nation. Als Video-Zaungast habe ich ernsthafte Worte gehört. Ernüchternd und ermutigend. Ersteres, weil einiges daraus nach Mühe klingt, das höre ich nicht gern. Letzteres weil es guttut, wenn jemand in klaren Worten ausspricht, was als Befürchtungswolke eh über uns schwebt: Die Zeiten werden rauer.
Manches in dieser Rede ist nicht eins zu eins auf Österreich übertragbar. Anderes hingegen gilt in unserem Land, und auch hier tun klare Wort gut – wenn sie denn gesprochen werden.
Die kommende Zeit wird uns mehr abverlangen, als wir – zumindest meine Generation – je erlebt haben. Wir werden zu Veränderungen gedrängt, wer mag das schon gern! Die Klimaerhitzung zwingt uns zu Umstellungen beim Wohnen, beim Fortbewegen, in Wirtschaftsbereichen. Ein Kriegsherr presst uns Unsicherheiten auf, die wir nicht – meine Mutter würde vielleicht sagen „schon lang nicht mehr“ – erwartet haben. Wir müssen uns einschränken. Der Präsident fügt hinzu, dass Menschen, deren Wohlstand es zulässt, mehr mitzutragen gefordert sind als jene, „die schon heute nicht über die Runden kommen“. Er sagt: „Ich bin jedem dankbar, der an mehr denkt als an sich selbst.“ Den Zusammhalt lassen wir uns nicht ausreden. Ich denke, er liegt richtig: Unsere Länder brauchen Menschen, die gut aufeinander schauen. Und die sich nicht auseinandertreiben, nicht gegen andere aufhetzen lassen. Mit der Stimme meiner Mutter: „Lassts euch net gegeneinand’ aufhuss’n!“

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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