Positionen - Ernest Theußl
Kirche und Politik

Am 30. November war es 90 Jahre her, dass die Österreichische Bischofskonferenz alle Priester aus ihren politischen Funktionen abgezogen hat. Innerhalb von zwei Wochen mussten sie ihre Ämter, in die sie demokratisch gewählt worden waren, zurücklegen, vom Landeshauptmann bis zum einfachen Gemeinderat. Aus heutiger Sicht war das eine weise und zukunftsfähige Entscheidung.

Dennoch gibt diese Aktion auch 90 Jahre später noch zu denken. Das Motiv für diese überhastete Aktion ist nämlich keineswegs so staatstragend, wie es sich auf den ersten Blick darstellt. Die Kirche hatte nämlich nach dem Untergang des Habsburgerreiches ihre liebe Not mit der Demokratie und den Parteien, die sie trugen. Mit eifernder Geschäftigkeit suchte sie nach Alternativen für den verhassten „parlamentarischen Parteienstaat“. Ende 1933 waren demokratisch gewählte Vertreter nicht mehr nötig, hatte doch die Regierung inzwischen den Weg der „berufsständischen Ordnung unter starker autoritärer Führung“ eingeschlagen, der von der Kirche begeistert begrüßt wurde.

Das ist Geschichte, und über die Geschichte soll man nicht den Stab brechen, aber man muss aus ihr lernen. Ist es für das Staatsganze wirklich von Nutzen, wenn man die Teile (partes) aussondert oder gar verbietet? Ist es „staatstragend“, wenn die Parteien als das Böse gebrandmarkt werden, weil sie „parteiisch“ sind, und alle anderen als die Guten, eben weil sie „unparteiisch“ sind? So als würden die „Unparteiischen“ keine eigenen Interessen kennen?

Ernest Theußl

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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