Positionen - Ernest Theußl
Der Mensch in seinem Wahn

Da ruft ein charismatischer Jesusverehrer fanatisch ergebene Anhängerinnen und Anhänger dazu auf, zum Teil durch Nötigung und auch mit Zwang, sich durch Todesfasten für eine Jesusbegegnung bereit zu machen. Das Ergebnis: Massengräber im Shakahola-Wald in Kenia, und 39 festgenommene Personen, die für dieses Massaker verantwortlich zu machen sind.

Eine Meldung, die einem mitten im heißen Juli den kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Wie können Menschen so weit kommen, dass sie jedes menschliche Maß verlieren, bis zur Selbstvernichtung?

Die schrecklichen Folgen solchen Handelns können an Fallbeispielen leicht abgelesen werden. Man braucht sich nur ein wenig erinnern, wir haben schon einiges zur Vorlage auf dem Tisch: Die Volkstempler in Guyana, die Davidianer in Texas, die Sonnentempler in der Schweiz oder Aum in Japan. Immer dasselbe Strickmuster: Ein vergötteter Führer, eine vernunftentblößte Anhängerschar, absolute Wahrheiten zum Heil der Geretteten.

Die Nachrichten aus Kenia treffen uns insofern in die Magengrube, als das Handlungsmotiv für die schreckliche Tat als Jesusbegegnung angegeben wird. Eine Jesusbegegnung ist eigentlich auch unser Ziel. Wie weit darf sie aber gehen? Da können uns nur Vernunft und Wissen helfen! Wir sollten uns immer wieder bemühen, zu verstehen, was wir glauben, mahnt uns der große Theologe Anselm von Canterbury. Denn „der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn“. (Friedrich Schiller, Das Lied von der Glocke)

Ernest Theußl

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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