Mutworte - Christa Carina Kokol
Alles Vergängliche ist ein Gleichnis

Foto: Neuhold

Zwei Spatzen unterhalten sich auf einer Hochspannungsleitung: „Verstehst du die Menschen“, meint einer, „sie bauen solche Seile und können nicht einmal darauf sitzen?“ Der zweite Spatz nickt: „Unverständlich, warum sie so sinnlose Sachen machen. Wir könnten doch genauso gut auf Bäumen sitzen.“

Sitzen nicht auch wir oft auf den Drähten unserer fixen Vorstellungen und „Wahrheiten“? Und selbst wenn der Mensch alles, absolut alles auf dieser Welt erforscht haben sollte, er wird nur erkennen und begreifen, was in Zeit und Raum fassbar ist. Denn einen letzten Sinn, den gläubige Menschen Gott nennen, gibt es nicht wie ein Ding dieser Welt.

Es steht mir frei, mich für oder gegen einen höheren Sinn zu entscheiden. Bei einer Pro-Entscheidung gestalte ich mich zu einem sinnerfüllten Menschen, der selbst sinnvolle Entscheidungen trifft und daraus friedvoller, dankbarer, mutiger und wertschätzender lebt. Das verändert nicht nur mein Leben, sondern auch das meiner Mit- und Umwelt. Ich werde zum Widerschein eines geistigen „Urbildes“, wie es Goethe in Faust I beschreibt: „Alles Vergängliche ist ein Gleichnis.“ Denn alles, was auf dieser Welt geschieht, bietet dem Menschen die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln – letztendlich auf sein geistiges „Urbild“ hin. Zu jenem Bild, wie Gott uns von Anfang an gemeint hat.

Eine Rose, in Liebe geschenkt, wird dennoch verblühen. In die Erde fällt, was verweslich ist. Wofür diese Rose steht, ist unzerstörbar – die Liebe.

Christa Carina Kokol ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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