Deutschland
Viel mehr Druck

Auch kritische Stimmen meldeten sich beim Deutschen Katholikentag in Stuttgart zu Wort. Im Bild eine Demonstration der kirchlichen Protest-initiative Maria 2.0. | Foto: KNA
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102. Deutscher Katholikentag brachte weniger BesucherInnen, aber viel Diskussionsstoff.

Mit 27.000 Teilnehmenden zählt der 102. Deutsche Katholikentag in Stuttgart deutlich weniger BesucherInnen als bei früheren Treffen. Zuletzt vor vier Jahren in Münster waren es insgesamt rund 80.000 Gäste. Als Gründe für den Rückgang wurden unter anderem die Corona-Pandemie und eine andauernde Kirchenkrise genannt. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, kündigte an, dass mit Blick auf das nächste Katholikentreffen 2024 in Erfurt über neue Formate nachgedacht werde.

Angesichts der gesunkenen Teilnehmerzahl regten auch mehrere Bischöfe Änderungen an. Bischof Franz-Josef Overbeck sagte, die Zahl von Stuttgart mache ihn „nachdenklich“. Er zeigte sich offen für mehr gemeinsame Events von evangelischer und katholischer Kirche. Wichtig sei es, wieder mehr junge Menschen anzusprechen, die „stärker in digitalen Formaten“ unterwegs seien.

Innerkirchliche Reformen waren ein wesentliches Thema des letzten Programmtages. Der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, verteidigte den „Synodalen Weg“ gegen Kritik. Es gehe um ein Angebot an die Menschen, „das Angebot, Gott bekannt zu machen“, erläuterte der Geistliche. Derzeit müsse er jedoch mit Blick auf die Kirche feststellen: „Wir sind blockiert, dieses Angebot zu machen.“ Die Kritiker des Reformdialogs seien „hervorragend vernetzt und sehr lautstark“. Sie erweckten selbst in Rom den Eindruck, dass es große Widerstände gegen das Projekt gebe.

Der Münchner Kardinal und katholische Medienbischof Reinhard Marx warb für eine lebendigere Sprache in der Kirche. Sie müsse deutlich und bildhaft sein, ohne banal oder anbiedernd zu werden. Zugleich kritisierte er eine oft „verschwurbelte“ und leblose Kirchensprache, auch in Vatikan-Texten.

Frauen als Diakoninnen hält der gastgebende Bischof Gebhard Fürst für realistisch. „Ich setze mich seit Jahren dafür ein und hoffe bei unseren Beratungen im Herbst auf eine Mehrheit dafür unter den deutschen Bischöfen“, sagte er. Aus Rom habe er erfahren, dass diese Frage offen und keinesfalls chancenlos sei.

Die Ordensfrau Philippa Rath forderte einen stärkeren Einsatz für gleiche Rechte von Frauen und nicht-heterosexueller Menschen in der Kirche. „Der Druck der Basis auf die Bischöfe darf nicht nachlassen“, betonte Rath. Themen wie die Frauenfrage oder Rechte von queeren Menschen würden nur auf Druck der Basis diskutiert. Die Benediktinerin fügte hinzu, ein Bischof habe ihr gesagt, er wünschte sich weniger Druck: „Da musste ich sagen, ich bin genau der gegenteiligen Meinung – wir brauchen viel mehr Druck.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser erklärte wiederum, er spüre den Druck und leide darunter, Zielbild des Gegners zu sein: „Ich stehe für die, die verhindern wollen. Das ist ein dramatisches Bischofsbild.“ Er wolle dieses Bild ändern und dazu beitragen, es zu überwinden. „Ich möchte gar nicht immer fort der ‚Bad Guy‘ sein, das ist keine schöne Rolle“, betonte Bischof Dieser.

Der Katholikentag ging am 29. Mai mit einer feierlichen Messe unter freiem Himmel zu Ende. Seit Mittwoch hatten sich die Teilnehmenden auf 1.500 Veranstaltungen auch mit dem Krieg in der Ukraine, den Folgen der Corona-Pandemie oder Fragen von Klima- und Umweltschutz befasst.

KATHPRESS

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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