Graz
Liebenswürdig hartnäckig

Ökumenische Herausforderungen wie die Notwendigkeit, in ethischen Fragen mit einer Stimme zu sprechen, benannte Kardinal Kurt Koch in einem Festvortrag beim Ökumenischen Forum in Graz. Bischof Wilhelm Krautwaschl bedankte sich mit einem Bildnis der „Mutter von Seckau“. | Foto: Neuhold
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  • Ökumenische Herausforderungen wie die Notwendigkeit, in ethischen Fragen mit einer Stimme zu sprechen, benannte Kardinal Kurt Koch in einem Festvortrag beim Ökumenischen Forum in Graz. Bischof Wilhelm Krautwaschl bedankte sich mit einem Bildnis der „Mutter von Seckau“.
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Graz war vor 25 Jahren Schauplatz der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung. Mit einem Festvortrag von Kardinal Kurt Koch wurde dieses Jubiläum begangen.

Ein buntes Bild boten die Delegierten der unterschiedlichen Kirchen aus West und Ost, die im Juni 1997 die Stadt Graz bevölkerten. Darüber hinaus trug die fröhliche und begeisterte Teilnahme zahlreicher Menschen das ihre dazu bei, dass die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung – wie Klubobfrau Barbara Riener, die in Vertretung des Landeshauptmannes Grußworte sprach, sich erinnerte – ein „intensives, weltoffenes und positives Erlebnis“ war, das allein schon durch seine Atmosphäre dem Dialog unter den Kirchen starke Impulse gab.

Als überaus beglückend bezeichnete Bischof Wilhelm Krautwaschl den Umstand, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erstmals auch der Osten Europas an einem solchen Treffen teilnehmen konnte. Er dankte Grigorios Larentzakis, der als einer der Initiatoren ebenso maßgeblichen Anteil daran hatte, dass dieses Ereignis in Graz stattfand, wie die damaligen Verantwortungsträger der Kirchen, des Landes und der Stadt. Besonders das von Bischof Johann Weber und Superintendent Ernst-Christian Gerhold geprägte herzliche Klima des Dialoges bereitete dem Treffen einen fruchtbaren Boden.

Kardinal Kurt Koch, damals als Bischof von Basel Festprediger beim Abschlussgottesdienst im Stadtpark und heute als Präsident des „Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen“ im Vatikan für die Ökumene verantwortlich, konnte beim Festakt zum 25-Jahr-Jubiläum in der Alten Universität als Vortragender begrüßt werden. Er skizzierte die ökumenischen Herausforderungen im Europa von heute, beginnend mit einem Blick in den Rückspiegel der Geschichte.

Angesichts der tragischen Konsequenzen, welche die Spaltungen der Kirchen nach sich gezogen haben, erinnerte der Kardinal daran, dass es etwa Martin Luther „um eine durchgehende Reform der Kirche und nicht um eine Reformation“ gegangen sei. Die beabsichtigte Erneuerung und Wiederentdeckung des Evangeliums habe jedoch zu einer Kirchenspaltung geführt und Europa in den Dreißigjährigen Krieg gestürzt. Die daran anschließende Säkularisierung als Entkoppelung von Kirche und Gesellschaft sei nicht durch eine Entfremdung vom Glauben hervorgerufen worden, sondern als Folge der „Sünde gegen die Einheit“ von den Kirchen selbst ausgelöst worden. Im Unterschied dazu sei die Trennung von Ost- und Westkirche durch eine allmählich voranschreitende Entfremdung der Spiritualitäten und Kulturen hervorgerufen worden. Die in der Ostkirche bis heute bestehende enge Verbindung zwischen Kirche und Staat habe nun durch den Krieg in der Ukraine eine schreckliche Aktualität bekommen.

Die ökumenische Bewegung bezeichnete Kardinal Koch als „Leuchtturm im Roten Meer des von Blut getränkten Europa“ mit dem Ziel, im dritten Jahrtausend die verlorene Einheit wiederzugewinnen. Ökumene sei notwendig, damit die Christenheit ihre Aufgabe in der Welt wahrnehmen kann. Dies geschehe durch die Pflege von geschwisterlichen Beziehungen, im Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen in dem Bewusstsein, dass jede Kirche Gaben zu verschenken habe und auch Empfangende sei, und im gemeinsamen Handeln in den großen Fragen und Problemen der heutigen Zeit, im gemeinsamen Zeugnis für die Gegenwart Gottes und die Würde des Menschen. Die Frage der Einheit müsse „in liebenswürdiger Hartnäckigkeit und hartnäckiger Liebenswürdigkeit“ wach gehalten werden.

Alfred Jokesch

SONNTAGSBLATT-Interview
Ein ausführliches Interview mit Kardinal Kurt Koch über aktuelle Fragen der Ökumene und seine Einschätzung der Rolle des Russisch-Orthodoxen Patriarchen Kyrill im Ukraine-Krieg lesen Sie in den nächsten beiden Ausgaben.

Ökumenische Herausforderungen wie die Notwendigkeit, in ethischen Fragen mit einer Stimme zu sprechen, benannte Kardinal Kurt Koch in einem Festvortrag beim Ökumenischen Forum in Graz. Bischof Wilhelm Krautwaschl bedankte sich mit einem Bildnis der „Mutter von Seckau“. | Foto: Neuhold
Bischof Johann Weber prägte das Klima des Dialogs mit und war einer der Gastgeber der Versammlung 1997 in Graz. | Foto: Sommer
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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