Kirche Steiermark
Ein Überlebensprogramm

In Mariazell traf sich die Österreichische Bischofskonferenz von 16. bis 18. Juni zu ihrer Sommervollversammlung. Ein Studientag beschäftigte sich mit der Arbeit der Unabhängigen Opferschutzkommission. Im Bild die Österreichische Bischofskonferenz mit Mitgliedern der Opferschutzkommission.  | Foto: Kathpress/Wuthe
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  • In Mariazell traf sich die Österreichische Bischofskonferenz von 16. bis 18. Juni zu ihrer Sommervollversammlung. Ein Studientag beschäftigte sich mit der Arbeit der Unabhängigen Opferschutzkommission. Im Bild die Österreichische Bischofskonferenz mit Mitgliedern der Opferschutzkommission.
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Die Bischofskonferenz tagte Mitte Juni in Mariazell. Opferschutz, die Lage in Nahost und Umweltschutz waren Themen.

Der Einsatz gegen Missbrauch im kirchlichen Bereich war ein thematischer Schwerpunkt der diesjährigen Sommervollversammlung der Bischofskonferenz von 16. bis 18. Juni in Mariazell. Ein Studientag mit den Mitgliedern der Unabhängigen Opferschutzkommission und der Stiftung Opferschutz bildete den Auftakt. In einer abschließenden Erklärung bekräftigten die Bischöfe nochmals, dass Aufklärung und Präventionsarbeit unvermindert weitergehen müssen. Der besondere Dank der Bischöfe gilt der Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic, die die Opferschutzkommission über 15 Jahre leitete und ihrer designierten Nachfolgerin Caroline List, die mit Jahresbeginn 2026 übernehmen wird.

Im Kathpress-Interview am Rande der Vollversammlung haben Klasnic (siehe Spalte links) und List übereinstimmend die Bedeutung der Arbeit der Kommission hervorgehoben und zugleich bekräftigt, dass es die Kommission auch weiterhin brauchen wird. Details zur Arbeit der Opferschutzkommission in den letzten 15 Jahren finden Sie in der rechten Spalte.

Naher Osten. In einer weiteren Erklärung riefen die Bischöfe Israel und den Iran eindringlich auf, die Kampfhandlungen einzustellen, damit es nicht noch mehr Opfer gibt. „Wir Bischöfe warnen eindringlich vor der latenten atomaren Bedrohung und einem Flächenbrand, der nicht mehr kontrolliert werden kann“, heißt es in der Erklärung, und weiter: „Unser Mitgefühl und unsere Gebete sind bei den zivilen Opfern und ihren Angehörigen in Israel und im Iran; bei den Toten und Verwundeten und ihren Angehörigen, bei jenen, die ihr Zuhause verloren haben und flüchten mussten.“

10 Jahre „Laudato si“. Die Bischöfe haben weiters zu verstärkten ökologischen Maßnahmen aufgerufen und sich nochmals dazu verpflichtet, auch im eigenen kirchlichen Bereich noch mehr zu tun. Mit der Enzyklika „Laudato si“ habe Papst Franziskus vor zehn Jahren ein „christliches Lebensprogramm und ein Überlebensprogramm für die Menschheit“ vorgelegt. Die Katholische Kirche in Österreich werde sich weiter für eine „ökologische Umkehr“ einsetzen und die lebens- und umweltfördernden Maßnahmen im eigenen Bereich intensivieren, hielten die Bischöfe dazu fest.

Hoffnung säen. Abgeschlossen wurde die Sommervollversammlung mit einem Festgottesdienst in der Mariazeller Basilika. Einen eindringlichen Appell zur Dankbarkeit und zur Hoffnung hat dabei der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl an die katholische Kirche in Österreich gerichtet. „Inmitten von Kriegen, Terror, Naturkatastrophen und auch der jüngsten Trauer in unserem Land säen wir als Kirche aus“, sagte Bischof Krautwaschl. Viele Tausende kirchliche Mitarbeitende und Millionen Getaufte versuchten auf ihre Weise, bewusst oder unbewusst, dem Evangelium Raum in den verschiedensten Kontexten des Lebens zu geben. „Dafür sage ich einfach ein steirisches ‚Vergelt’s Gott‘“, so der Bischof.

Quelle: Kathpress

Bischof Wilhelm Krautwaschl predigte beim abschließenden Festgottesdienst Hoffnung.
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Im Originalton

Waltraud Klasnic, ehem. steirische Landeshauptfrau, war 15 Jahre Unabhängige Opferschutzanwältin.

15 Jahre Aufarbeitung

Bilanz ziehen heißt an den Beginn denken, und da bin ich dankbar für das Vertrauen, das in mich gesetzt wurde. Dass ich die Möglichkeit hatte, gemeinsam mit vielen verantwortlichen Menschen eine Kommission aufzubauen und 15 Jahre vorbereitende Arbeit für Menschen einzubringen, die enttäuscht, verletzt und eigentlich hoffnungslos gewesen sind. Was ich mir heute wünsche ist, dass es gut weitergeht. Denn mit den 15 Jahren ist es nicht genug. Diese Kommission braucht es noch in Zukunft. Es ist wichtig, dass es diese Unabhängigkeit innerhalb der katholischen Kirche, aber auch anderer Religionsgemeinschaften, gibt.
Was ich festhalten möchte: 80 % von Missbrauch und Gewalt geschieht in den Familien oder im persönlichen Umfeld. Auch von Vereinen hat man gehört. Da wurden auch Kommissionsmitglieder gebeten mitzuhelfen. So konnte in diesem Bereich viel verbessert werden. Eineinhalb Prozent, sagte man mir, sind Fälle, die mit Religionsgemeinschaften zu tun haben. Wir wollen nicht, dass es in Zukunft das Gefühl gibt „Diese Kirche, die Menschen, die in dieser Kirche Verantwortung tragen, haben mir Böses getan“. Darum haben wir aufgearbeitet.

Wir hatten grundsätzlich keine „Fälle“, sondern immer betroffene Menschen. Ihnen gegenüber haben wir auch keine „Täter“, sondern Beschuldigte. Wir sind eine zivilgesellschaftliche Organisation und haben uns bemüht, beiden gerecht zu werden. Die Betroffenen brauchen viel mehr als Geld. Zeit, Zuwendung, Verständnis und das Gefühl, es ist jemand für Sie da.

Kontakt
Unabhängige Opferschutzanwaltschaft: Tel.: 0664/9807 817 (Mo.–Fr., 9–12 Uhr) oder office@opfer-schutz.at
Ombudsstelle gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch im kirchlichen Bereich, Diözese Graz-Seckau: Tel.: 0676/8742 6899 oder birgit.posch@graz-seckau.at

Für Opferschutz

15 Jahre „Klasnic-Kommission“.
Vor 15 Jahren hat die Österreichische Bischofskonferenz nach dem Bekanntwerden von Gewalttaten und von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Bereich zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um Betroffenen konkret zu helfen, seelische Verwundungen zu heilen und die Prävention zu stärken. Auf Ersuchen von Kardinal Christoph Schönborn und der Bischöfe hat damals Waltraud Klasnic die Aufgabe als Unabhängige Opferschutzanwältin übernommen. In der Folge hat sich unter ihrem Vorsitz die Unabhängige Opferschutzkommission – medial oft kurz als „Klasnic-Kommission“ betitelt – konstituiert.

Seit 2010 hat die Unabhängige Opferschutzkommission insgesamt 3492 Fälle entschieden, in 3214 Fällen zugunsten der Betroffenen (Stand 31. Mai 2025). Insgesamt handelt es sich um 3640 Betroffene von psychischer, physischer und/oder sexueller Gewalt, davon 2271 Männer (62,4 %) und 1369 Frauen (37,6 %). Den Betroffenen wurden bisher in Summe 37,7 Mio. Euro als Finanzhilfe und für Therapien zuerkannt.
Die allermeisten Vorfälle sind rechtlich verjährt und haben sich in den 1960er- und 1970er-Jahren ereignet. 11,7 % entfallen auf die 1980er- , 4,8 % auf die 1990er-Jahre; 1,8 % haben sich seit 2000 ereignet. 80 % der Betroffenen berichten von psychischer Gewalt, 79 % von körperlicher Gewalt, 27 % von sexueller Gewalt und 11 % von körperlicher und sexueller Gewalt. Ein Großteil der Vorfälle ereignete sich in kirchlichen Heimen und Internaten.

Nach 15 Jahren wird Waltraud Klasnic mit Jahresende ihre Aufgabe als Opferschutzanwältin abgeben. Caroline List, Präsidentin des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, wird ab 2026 die Opferschutzanwaltschaft leiten. Vieles sei in den letzten 15 Jahren im kirchlichen Einsatz gegen Missbrauch und Gewalt und für den Kinderschutz gelungen, so die Bischöfe. Es mache das Leid jener nicht ungeschehen, die durch die Kirche und ihre Verantwortungsträger Schutz und Fürsorge gebraucht hätten, aber das Gegenteil erfahren haben. „Es darf nie mehr passieren, dass das Ansehen der Institution über die Leiden der Opfer gestellt wird, dass Täter lediglich versetzt und Verbrechen vertuscht werden.“ Darauf haben sich die Bischöfe und alle kirchlichen Amtsträger in Österreich verpflichtet, und davon dürfe nicht mehr abgewichen werden.

In Mariazell traf sich die Österreichische Bischofskonferenz von 16. bis 18. Juni zu ihrer Sommervollversammlung. Ein Studientag beschäftigte sich mit der Arbeit der Unabhängigen Opferschutzkommission. Im Bild die Österreichische Bischofskonferenz mit Mitgliedern der Opferschutzkommission.  | Foto: Kathpress/Wuthe
Bischof Wilhelm Krautwaschl predigte beim abschließenden Festgottesdienst Hoffnung.
Waltraud Klasnic, ehem. steirische Landeshauptfrau, war 15 Jahre Unabhängige Opferschutzanwältin. | Foto: Kathpress/Paul Wuthe
Caroline List (l.) – hier mit Erzbischof Franz Lackner (r.) – folgt Waltraud Klasnic als Opferschutzanwältin nach. Zukünftig werde man noch mehr Augenmerk auf Präventionsarbeit legen, so die Präsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Graz.
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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