Caritas
Brücke zwischen Fülle und Mangel

Erntezeit heißt manchmal auch: zu viel auf einmal. Dann ist Solidarität und Engagement gefragt, um das Zuviel dorthin zu bringen, wo zuwenig ist. Ein Hilfstrupp, zusammengestellt aus dem YoungCaritas-Actionpool (siehe Spalte rechts), half einer Grazerin bei der Apfelernte. Die Äpfel wurden anschließend im Marienstüberl ausgeteilt. | Foto: Caritas
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  • Erntezeit heißt manchmal auch: zu viel auf einmal. Dann ist Solidarität und Engagement gefragt, um das Zuviel dorthin zu bringen, wo zuwenig ist. Ein Hilfstrupp, zusammengestellt aus dem YoungCaritas-Actionpool (siehe Spalte rechts), half einer Grazerin bei der Apfelernte. Die Äpfel wurden anschließend im Marienstüberl ausgeteilt.
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Wenn die Ernte zur Last wird, spontane Hilfe zu Gemeinschaft und am Ende Freude steht, dann ist das „Caritas“ – ein Bericht über Nächstenliebe.

Ein großer Garten, Apfelbäume voll reifer Früchte – und keine Möglichkeit, sie selbst zu ernten, geschweige denn die Fülle zu verarbeiten. Vor dieser Situation stand Christa Wiener-Pucher aus Graz Anfang September. Sie fragte beim Marienstüberl der Caritas in Graz an. Dessen Leiter Philipp Friesenbichler freute sich über das Angebot, doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit ihren Aufgaben vollauf eingedeckt. Daher sprang ihm Katharina Fink mit dem YoungCaritas-Actionpool bei: Dort melden sich junge Menschen, die freiwillig bei der Caritas mitarbeiten und auch kurzfristige Einsätze übernehmen.
Praktikantin Sabrina organisierte über einen Aufruf ein paar Mitstreiterinnen, und ein paar Tage später traf sich der kleine Hilfstrupp im Obstgarten im Grazer Bezirk Geidorf: Zwei Studentinnen, eine Rettungssanitäterin und eine Maturantin. Sabrina kletterte auf die Leiter und schüttelte den Baum, die drei anderen packten die vollreifen Schafnasen in Kisten – insgesamt wurden es vier davon, die sie dann ins Marienstüberl brachten. Dort freuten sich bedürftige Familien über das herrliche Obst.

Aus Überfluss wurde Gemeinschaft
„Es hat wirklich Spaß gemacht“, resümiert Sabrina. „Wir vier kannten uns vorher nicht, haben uns aber gut ergänzt. Es war eine bereichernde Erfahrung.“ Es sei auch ein gutes Gefühl, dafür zu sorgen, dass gute, reife Lebensmittel eine sinnvolle Verwendung finden. „Mir tat es im Herzen weh zu sehen, wieviel gutes Obst da wächst, und ich bin nicht in der Lage, das alles selbst zu ernten und zu verarbeiten“, erklärt Christa Wiener-Pucher. Mit Hilfe der Caritas wurde aus dem Problem Überfluss eine spontane Gemeinschaftsaktion, an deren Ende Hilfe für Bedürftige stand.
Zwischen Überfluss und Mangel eine Brücke zu schlagen ist auch die Aufgabe von Philipp Friesenbichler und Schwester Elisabeth im Caritas-Marienstüberl. Dort erhalten Menschen, die kein Zuhause haben, eine warme Mahlzeit und Versorgung. Bedürftige, die sich und ihre Familien zu Hause selbst versorgen können, bekommen gespendete Lebensmittel. Solidarität heißt diese Brücke zwischen Zuviel und Zuwenig: Freiwillige holen übriggebliebene Lebensmittel von Supermärkten ab, aber auch Firmen und Privatpersonen bringen Spenden.
Auch in den steirischen Regionen gibt es gerade zu Corona-Zeiten erhöhten Bedarf. „Viele Menschen haben die Arbeit verloren, es ist wirklich nötig zu helfen“, beschreibt Gabriele Anderssohn, Regionalkoordinatorin der Caritas, die Situation in ihrer Region Ennstal und Ausseer Land. Mit neuen Lebensmittelausgaben hilft die Caritas auch dort, schwierige Situationen zu überbrücken. Auch in Graz gibt es in der Herrgottwiesgasse seit April jeden Mittwoch eine zusätzliche Lebensmittelausgabe für Bedürftige.
Irmgard Rieger

IM ORIGINALTON
Lebensmittel retten, Menschen unterstützen

Die Lebensmittelausgabe ist ein ganz zentraler Punkt der Caritas-Tätigkeit in Graz. Hier lässt sich die soziale Situation sehr klar ablesen. Auch Corona und der Lockdown haben sich deutlich niedergeschlagen. Im Schnitt kommen sonst 50 bis 60 Menschen zu den Ausgaben. Ende März und im April waren es dann bis zu 80 Menschen – in Summe 220 Familien pro Woche.
Über den Sommer hat es sich ein bisschen abgeschwächt. Jetzt im September sind wir wieder auf „Normalniveau“. Gleichzeitig macht sich bemerkbar, dass viele gewohnte Sammelaktionen, zum Beispiel von Firmgruppen, nicht stattgefunden haben – daher haben wir einen Engpass, besonders was haltbare Kohlehydrate wie Nudeln und Reis betrifft. Wir setzen da jetzt sehr auf Erntedank-Sammlungen, die in vielen Pfarren durchgeführt werden.
Auch auf der Seite der Spenden haben wir bewegte Zeiten hinter uns. Als Mitte März viele Firmen und die Gaststätten zusperren mussten, haben wir enorm viel Frisches und Molkereiprodukte erhalten – das war eine große Herausforderung. Aber da die Nachfrage so groß war, konnten wir das gut verteilen. Einen großen Teil der Lebensmittelspenden erhalten wir von Supermärkten und Handelsketten, viel Ware kommt aber auch von kleinen Läden. Der Besitzer eines türkischen Gemüseladens in der Keplerstraße kommt zum Beispiel recht regelmäßig vorbei.
Jetzt, zur Erntezeit, erhalten wir viel Obst und Gemüse von Privaten und auch von Bauern – etwa Ware, die nicht verkauft werden kann, weil sie zum Beispiel Hagelschäden hat. Geschmacklich und qualitativ ist das Obst und Gemüse völlig in Ordnung. Wenn wir das an Bedürftige weitergeben können, erreichen wir zwei Ziele gleichzeitig: Wir möchten, dass sich auch Menschen mit wenig Geld gut ernähren können, und wir möchten, dass nichts verdirbt und keine Lebensmittel weggeworfen werden.

Erntedank-Sammlung 2020
Die Caritas Steiermark bittet um Spenden für
Menschen in Not in der Steiermark.

Caritas der Diözese Graz-Seckau
AT40 3800 0000 0005 5111
BIC: RZSTAT2G
Spendenzweck: 20ZS-Ernte-SB / Erntedank 2020

Aus zuwenig und zuviel wird genug
Initiativen der Caritas für Solidarität und Hilfe:

Lebensmittelspenden
… sind täglich im Marienstüberl im Sozialzentrum Marianum der Caritas, Eingang Kleiststraße, möglich. Bevorzugt Montag bis Donnerstag von 8 bis 15 Uhr. Kontakt: Philipp Friesenbichler, Tel. 0676/80 15-82 67,
philipp.friesenbichler@caritas-steiermark.at

Foodsharing „Brot und Fisch“
Im Carla in der Grazer Jakoministraße gibt es bereits ein Foodsharing-Regal: Haltbare, nicht mehr gebrauchte verpackte Lebensmittel in hygienisch einwandfreiem Zustand können dort abgestellt werden. Wer das Gefühl hat, diese zu brauchen, kann ohne Begründung Produkte entnehmen. Das System soll auf weitere Carla-Shops in der gesamten Steiermark ausgedehnt werden. – www.caritas-steiermark.at/carla/einkaufen/brotfisch/

YoungCaritas Actionpool
Für junge Menschen zwischen 14 und 30 Jahren ist der Actionpool der youngCaritas eine flexible Möglichkeit, sich zu engagieren. Sie packen dort an, wo gerade Hilfe gebraucht wird, und können dabei gleichzeitig hinter die Kulissen der sozialen Arbeit blicken.
Sie sammeln Lebensmittel für Bedürftige, bepflanzen mit BewohnerInnen unserer Pflegewohnhäuser Hochbeete, musizieren bei Sommerfesten oder backen Kuchen für wohnungslose Menschen.
Die Aktionen werden per E-Mail ausgeschickt, und die Empfänger entscheiden, ob sie Zeit und Lust haben, daran teilzunehmen.
Anmeldung: www.youngcaritas.at/aktionen/thema/actionpool

#TeamNächstenliebe
Das #TeamNächstenliebe bringt Menschen, die Hilfe benötigen, mit jenen zusammen, die freiwillig helfen wollen. Es geht dabei um klassische Nachbarschaftshilfe, wie für jemanden mitzukochen, Unterstützung beim Einkaufen, Gassi gehen mit dem Hund, Besorgungen machen etc.
Sie können sich auch gerne melden, wenn Sie bereit sind, Menschen zu unterstützen. Viele dieser Hilfen sind ohne direkten
Kontakt möglich. – Caritas-Hotline
#TeamNächstenliebe: Tel. (0 31 6) 80 15-290.

Aktion Herz
Lebensmittel-Sammelaktion in Zusammenarbeit mit SPAR und steirischen Pfarren. An 50 SPAR-Märkten in der Steiermark steht jeweils im Kassabereich ein „Aktion Herz“-Spendenkorb für gekaufte Lebensmittel und Hygieneartikel bereit. Weitere Informationen: www.caritas-steiermark.at/aktionherz/

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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