Heiliges Land
Auf zum Pferdekopf

Die antike Stadt Hippos, die einzige christliche Stadt an der Ostseite des Sees Gennesaret, ist seit wenigen Monaten zu einem israelischen Naturpark aufgewertet worden. Hippos wurde ab dem 4. Jh. Bischofssitz mit einer prächtigen Kathedrale und sieben weiteren Kirchen.  | Foto: Ohad Bachar
  • Die antike Stadt Hippos, die einzige christliche Stadt an der Ostseite des Sees Gennesaret, ist seit wenigen Monaten zu einem israelischen Naturpark aufgewertet worden. Hippos wurde ab dem 4. Jh. Bischofssitz mit einer prächtigen Kathedrale und sieben weiteren Kirchen.
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Das Ausgrabungsgelände der antiken Stadt Hippos ist ein archäologisches Highlight auf den Golan-Höhen. Und gibt auch Aufschluss über das Urchristentum.

Schon bei der Auffahrt vom See Gennesaret sieht man von weitem die riesige Silhouette eines Pferdes, dem Emblem einer bekannten Automarke sehr ähnlich. Seit wenigen Wochen sind hier, auf einem weiten Plateau 350 Meter oberhalb des Sees, die Ruinen der einst prächtigen Stadt Hippos (griechisch: Pferd) geöffnet. Die alte Militärstation dient heute als Besucherzentrum.

Hippos gehörte zum Dodekanes, jenen zehn Städten, die nach der römischen Eroberung der Provinz Syrien durch Pompeius (63 v. Chr.) ausgebaut wurden und eine gewisse Autonomie genossen. Sie blühte auf, kam offensichtlich zu Reichtum. Mitte des 4. Jh.s wurde sie Bischofssitz mit einer prächtigen Kathedrale und mindestens sieben weiteren Kirchen; dazu ein Forum, ein großes Geschäfts- und Marktgebäude (Basilika), ein Theater und Wohnbereiche – die auch nach Beginn der islamischen Ära weiterbestanden. Bis ein schweres Erdbeben im Jahre 749 die Stadt komplett zerstörte, die Bewohner vertrieb und den Ort veröden ließ – bis ab Ende des 19. Jh.s, und dann wieder nach 1950, Archäologen die Stätte erforschten.

Wie verheerend das Erdbeben war, wird in Hippos sehr anschaulich. Wie Streichhölzer müssen die prächtigen Säulen der Kathedrale umgekippt sein, neun auf jeder Seite, die heute noch an Ort und Stelle unverändert säuberlich nebeneinander liegen: sortiert nach Farben, von rosa über grün bis grau, kostbar und aufwendig aus Ägypten, von den griechischen Inseln oder Kleinasien eingeführt und auf diesen Bergkegel geschafft. Diese vielfarbigen Säulen, dazu Kapitelle und Basen aus weißem Marmor, und ein Boden, der im Schachbrettstil aus rotem und weißem Marmor gefliest war: Das Ganze müsse ein Farbenrausch gewesen sein, für heutige Augen „vielleicht etwas kitschig“, meinte einmal Michael Eisenberg, der seine Grabungsarbeiten in Hippos abgeschlossen hat.

Auffallend groß ist die in den antiken Kathedralbereich integrierte Taufkapelle. Daraus folgerte Eisenberg, dass der Bischof von Hippos ein „Monopol für Taufen in der Region“ gehabt haben muss – was zwar sensationell klingt und richtig ist, aber auch naheliegend. Denn in der alten Kirche oblag das Sakrament der Taufe dem Bischof.

Hippos war die einzige christliche Stadt auf der Ostseite des Sees Gennesaret. Bleibt die alte Frage, ob und wo Jesus am Ostufer des Sees Gennesaret war und wirkte. Eisenberg fühlt sich in Hippos an Jesu Aussage aus der Bergpredigt „Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben“ erinnert. Einige Forscher wollen hier das Wunder der Brotvermehrung lokalisieren, nachdem in der „burnt church“ – derzeit für Besucher gesperrt – ein Mosaik mit der Darstellung eines Fisches entdeckt wurde. Gewichtigere Argumente sprechen freilich weiterhin für das rund 25 Kilometer entfernte Tabgha am Nordwestufer.

Hippos ist seit wenigen Monaten zu einem israelischen Naturpark aufgewertet worden. Wander-Trails unterschiedlicher Schwierig-keitsgrade führen vom See auf das antike Plateau und in seine nähere und weitere Umgebung – und erfassen damit ein sensibles Grenzgebiet zwischen Israel und dem besetzten Golan.

Johannes Schidelko

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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