Wird Töten Routine?

An der Hand eines Menschen, aber nicht durch die Hand eines Menschen sterben. Was Kardinal König so ausdrückte, ist durch eine Entscheidung des VfGH in Gefahr geraten. Zwar bleibt Töten auf Verlangen weiterhin verboten, aber Beihilfe zum Suizid wurde straffrei gestellt. Für viele ein Dammbruch, der zu einer weiteren Aushöhlung beim Schutz des menschlichen Lebens führen könnte. | Foto: Archiv
  • An der Hand eines Menschen, aber nicht durch die Hand eines Menschen sterben. Was Kardinal König so ausdrückte, ist durch eine Entscheidung des VfGH in Gefahr geraten. Zwar bleibt Töten auf Verlangen weiterhin verboten, aber Beihilfe zum Suizid wurde straffrei gestellt. Für viele ein Dammbruch, der zu einer weiteren Aushöhlung beim Schutz des menschlichen Lebens führen könnte.
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Das VfGH-Urteil, Beihilfe zur Selbsttötung straffrei zu stellen, löste vielfach Bestürzung aus.

Jeder Mensch in Österreich „konnte bisher davon ausgehen, dass sein Leben als bedingungslos wertvoll erachtet wird – bis zu seinem natürlichen Tod. Diesem Konsens hat das Höchstgericht mit seiner Entscheidung eine wesentliche Grundlage entzogen.“ Bestürzt reagierten die Österreichische Bischofskonferenz und ihr Vorsitzender Erzbischof Franz Lackner auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs, wonach das Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung aufgehoben wird.

Besonders kritisch sieht der Salzburger Erzbischof in seiner Erklärung, dass mit der erlaubten Beihilfe zum Suizid nun der Druck auf kranke und alte Menschen steigen werde, davon Gebrauch zu machen. Aber: „Wer in einer existenziellen Krisensituation einen Sterbewunsch äußert, braucht keine Hilfe zur Selbsttötung, sondern menschliche Nähe, Schmerzlinderung, Zuwendung und Beistand. Wir dürfen den Menschen nicht aufgeben, wenn er sich selbst aufgegeben hat.“

Im VfGH-Urteil werde der Suizid als eine selbstbestimmte Entscheidung dargestellt. „Dabei wird aber übersehen, dass die Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, kein geglückter Fall von Freiheit ist, sondern ein tragischer Ausdruck von Aussichtslosigkeit und Verzweiflung.“
Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Entscheidung werde sich die Kirche noch intensiver in der Palliativ- und Hospizarbeit, aber auch in der Suizidprävention und Begleitung von Menschen in Lebenskrisen engagieren, kündigte Lackner an. An den Gesetzgeber appellierte er, jede rechtliche Möglichkeit auszuschöpfen, um den bisherigen österreichischen Konsens in dieser Frage möglichst beizubehalten.
Heftige Kritik kam auch von den anderen österreichischen Bischöfen. Das Verständnis, dass menschliches Leben schützenswert ist, vom Anfang bis zum Ende, werde durch das Urteil ausgehebelt, erklärte Bischof Wilhelm Krautwaschl. „Der Dammbruch ist eingeleitet – menschliches Leben und damit auch Leiden, Behinderung und Sterben werden verhandelbar, das schmerzt mich und wohl viele, die das Leben als Geschenk aus Gottes Hand betrachten, zutiefst.“

Von einem Schlag ins Gesicht der Menschlichkeit sprach der Feldkircher Bischof Benno Elbs. Töten darf nicht zur Routine werden, warnte Kardinal Christoph Schönborn. Er erhofft sich vom Parlament, dass es „mit Weisheit nach guten Lösungen sucht“ und Hospiz- und Palliativeinrichtungen ausgebaut werden. Dafür sprach sich auch Waltraud Klasnic aus, die als Vorsitzende des Dachverbandes Hospiz Österreich das Urteil ebenfalls mit Schmerz und Bestürzung aufnahm.

Das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ fürchtet, wie das Beispiel anderer Länder zeige, eine Folge weiterer Lockerungen im Lebensschutz bis hin zum Druck auf Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, assistierten Suizid in ihren Institutionen zuzulassen.
Der Wiener Theologe Paul Zulehner sieht in der Sterbehilfe-Debatte eine gesellschaftliche Polarisierung. Menschen, die nicht an ein Leben nach dem Tod glauben, stimmten eher einer selbstbestimmten Beendigung des Lebens zu. Die Kirche müsse sich fragen, warum ihre Kernbotschaft von der Auferstehung von vielen offenbar nicht angenommen wird.

kathpress / Herbert Messner

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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