Caritas
Nur Schlimmes zählt

Gemeinschaftsunterkünfte der österreichischen Caritas, nach dem Hurrikan „Matthew“ 2016 gebaut, haben „zum Glück dem Erdbeben standgehalten“, atmet Daniela Pamminger auf, hier in Haiti mit Soeur Monique Jolicoeur, einer Salesianerin Don Boscos. 
 | Foto: Ricus
  • Gemeinschaftsunterkünfte der österreichischen Caritas, nach dem Hurrikan „Matthew“ 2016 gebaut, haben „zum Glück dem Erdbeben standgehalten“, atmet Daniela Pamminger auf, hier in Haiti mit Soeur Monique Jolicoeur, einer Salesianerin Don Boscos.
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Erdbeben und Tropenstürme:
Auf Haiti wird die Welt erst aufmerksam im Angesicht von argen Katastrophen.

Seit den Abendstunden des 14. August vibriert und klingelt Daniela Pammingers Diensthandy und empfängt Schreckensbilder vom anderen Ende der Welt. Auf Haiti bebte wieder die Erde – in einem Ausmaß, das großflächig Vernichtung bringt. Mehr als 2189 Tote sind zu beklagen, und wieder wird es Jahre dauern, bis die Schäden beseitigt sind. Doch beinah genau so schlimm ist für die Katastrophenhelferin, die schon 2010 und 2016 nach Erdbeben und Hurrikans vor Ort war: „Was mich persönlich so traurig macht, ist, dass erst immer etwas ganz Schlimmes passieren muss, damit dieses Land in unser Bewusstsein rückt.“
Dabei ist das Land mit seinen elf Millionen Menschen ein einzigartiger Fall in der Geschichte, in der ein Sklavenaufstand einen Staat hervorbrachte. 1804 wurde Haiti zur ersten unabhängigen Republik, doch Weltbank und Frankreich als einstige Kolonialmacht vereinbarten für den neuen Staat dermaßen hohe Rückzahlungen, dass sich das Land bis heute davon nicht erholt. „Außerdem werden praktisch alle Lebensmittel importiert“, erzählt Daniela Pamminger. „Im Supermarkt findet man außer etwas Reis und Kaffee nichts, was im Land selbst produziert wird.“ Importe fördern die Abhängigkeit, und immer wieder haben die USA, auf deren Kontinent Haiti geopolitisch liegt, Diktatoren im Land „entweder gestützt oder gestürzt“.
Als es am 14. August um 8 Uhr 29 Ortszeit zum Erdbeben der Stärke 7,2 der Richterskala und zwei Tage später zu schweren Regenfällen kommt, lebt ein Großteil der elf Millionen Haitianer und Haitianerinnen längst in bitterer Armut. Laut „Human Development Index“, dem Wohlstandsindikator der Vereinten Nationen, liegt der Karibikstaat im traurigen Spitzenfeld der ärmsten Länder der Erde – auf Rang 170 von 189 und damit sogar hinter Afghanistan. Drei Mal so teuer wie in Österreich seien viele Grundnahrungsmittel wie Milch, weiß Daniela Pamminger, die 2010 und 2011 neun Monate auf Haiti für die Caritas den Bau eines Waisenhauses, einer Volksschule und von Wohngebäuden koordinierte.

Ärmer als Afghanistan
Wovon die Menschen dennoch leben, kann auch die gebürtige Oberösterreicherin nicht sagen. „Zwischen all den Trümmern verkaufen Menschen Essen, um so ein Einkommen zu haben“, schildert die Leiterin der Caritas-Katastrophenhilfe. 2010, drei Tage nachdem die Erde bebte, war die Caritas Österreich vor Ort, ein halbes Jahr später auch Pamminger. Ob sie sich noch erinnern könne an den ersten Eindruck in der verwüsteten Hauptstadt Port au Prince? Pamminger erzählt von riesigen Gräben, aufgerissenen Straßen und vor allem von der Angst der Menschen. „Das Hauptbeben war am 12. Jänner 2010, doch bis Weihnachten, also fast ein ganzes Jahr, schliefen zwei meiner haitianischen Kollegen im Freien unter Bäumen. Wie so viele, so trauten auch sie sich nicht ins Haus.“ Neben der Angst vor wiederkehrenden Naturkatastrophen ist es die Ausweglosigkeit, die Haitis Bevölkerung zermürbt. Und das Gefühl, vergessen zu sein vom Rest der Welt.
Spenden bitte an: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort „Katastrophenhilfe“.

ANNA MARIA STEINER

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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