Fastenzeit
Fastentücher: Fasten für die Augen

In der Amstettner „Kulturkirche“ St. Marien lädt das Fastentuch in Form eines planetarischen Nebels dazu ein, sich mit dem Thema Vergänglichkeit zu beschäftigen.  | Foto: Fritz Kriener
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Mehrere Pfarrgemeinden präsentierten am Aschermittwoch neue Fastentücher. Damit verbunden sind theologische Diskussionen und eine umfangreiche Beschäftigung mit den zentralen Inhalten der Fastenzeit.

Fastentücher gibt es seit dem 11. Jahrhundert, sie bilden einen in den Alpenländern bis heute einzigartigen Brauch in der vorösterlichen Bußzeit. Bei den alten Fastentüchern handelt es sich meist um Tuchmalereien mit biblischen Darstellungen der Schöpfungs- und Erlösungsgeschichte Gottes. Zudem bekam das Fastentuch auch die Funktion des „Fastens mit den Augen“. Einfache Tücher oder auch kunstvolle Werke verhüllten und verhüllen bis Karfreitag die Altarkreuze und -bilder. Zu Ostern wurden sie wieder enthüllt. Die fast ein Jahrtausend alte Tradition der Fastentücher geht auf den jüdischen Tempelvorhang zurück, der im Neuen Testament im Zusammenhang mit dem Kreuzestod Jesu mehrfach erwähnt wird.

Mancherorts beteiligen sich viele Gläubige an der theologischen Diskussion, bevor ein neues Fastentuch gekauft oder in der Pfarre geschaffen wird.

Die Katholische Frauenbewegung Aschbach hat ein neues Fastentuch für den Marienaltar im Altarraum der Pfarrkirche gestaltet. Das zentrale Kreuz besteht aus 924 zusammengenähten Stoffteilen, die einem bunten Glasfenster gleichen. Das Kreuz wird von den Namen der 21 Frauen umrahmt, die an der Gestaltung beteiligt waren, berichtet Pfarrer Pater Georg Haumer. Das neue Fastentuch ersetzt eines aus dem Jahre 1980. Am Aschermittwoch wurde das Tuch der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Pfarrer von Aschbach, Dechant P. Georg Haumer, und sein Team präsentieren das neue Fastentuch, das von der Katholischen Frauenbewegung geschaffen worden ist.  | Foto: Hermann Dorninger
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Zeichen für Reduktion

Seit Aschermittwoch sind die beiden Fastentücher, die die Grazer Künstlerin „dieHolasek“ auf Einladung von Pfarrer Andreas Janta-Lipinski in den Pfarrkirchen von Krumau am Kamp und Altpölla geschaffen hat, zu sehen. Obwohl oft kunstvoll gestaltet, ist das Fastentuch grundsätzlich ein Zeichen für das Einfache, für die Reduktion. So verweist auch Petra Holaseks Fastentuch in seiner in weiten Partien zurückhaltenden Farbigkeit auf die Zeit der Selbstreflexion, auf eine Zeit, in der wir innehalten und uns ohne Ablenkung auf unser Leben besinnen. Holasek geht es in ihrer Arbeit um Verhüllung und Enthüllung gleichermaßen.
Die künstlerische Intervention in der Pfarrkirche Krumau am Kamp bringt zum Ausdruck, dass hinter dem Acrylbild der Künstlerin etwas sehr Kostbares verborgen liegt, das zu bestimmten Zeiten und am Ende der Fastenzeit wieder feierlich sichtbar gemacht wird: Die Enthüllung als demonstrative Offenbarung des Göttlichen. Holaseks Kunstgriff ist, dass ihr Bild nicht nur die Funktion eines schützenden und Blicke abwehrenden Tuches übernimmt, die Leinwand liefert vielmehr das Bild eines Tuches, eines Schleiers oder zweiteiligen Vorhangs, der sich hebt, um einen Blick in die Tiefe zu ermöglichen. Als visueller Störfaktor schärft der sich öffnende Vorhang die Aufmerksamkeit für die dahinterliegende farbintensive Szene. Das Bild der Künstlerin soll einen Anstoß geben, über eigene Barrieren, Grenzen und Begrenzungen nachzudenken.
Für 2025 plant Andreas Janta-Lipinski, verantwortlich für den Pfarrverband Krumau-Pölla mit den Pfarren Krumau/Kamp, Idolsberg, Altpölla, Neupölla und Franzen, die Beauftragung für ein weiteres Fastentuch für eine Kirche im Pfarrverband.

Fastentuch für die Pfarrkirche von Krumau am Kamp, von Petra Holasek („dieHolasek“). 
 | Foto:  phg@vienna.at
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Das neue Fastentuch „Planetarischer Nebel“ in der Amstettner „Kulturkirche“ St. Marien des Astrofotografen Rochus Hess wurde ebenfalls am Aschermittwoch vorgestellt. „Sehnsüchte stillen, zur Ruhe kommen beim Betrachten des neuen großformatigen Fastentuches“, so wirbt die Pfarre um einen Besuch. Es wird dazu eingeladen, „mit den Blicken in das Fastentuch einzusteigen und neue Erkenntnisse zu finden“.

„Planetarischer Nebel“

Rochus Hess will bewusst machen, „auf welchem kleinen vergänglichen Planeten Erde wir leben dürfen“. Nach der erfolgreichen Astro-Schau im Herbst mit über 3.000 Besucherinnen und Besuchern sei dies eine weitere Beschäftigung mit fernen Galaxien, erklärt Pfarrgemeinderat Fritz Kriener.

In der Amstettner „Kulturkirche“ St. Marien lädt das Fastentuch in Form eines planetarischen Nebels dazu ein, sich mit dem Thema Vergänglichkeit zu beschäftigen.  | Foto: Fritz Kriener
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Nach über 16 Stunden fotografischer Belichtungszeit wurde im Jahre 2020 erstmals der auf dem Fastentuch gezeigte planetarische Nebel sichtbar, welcher 9.200 Lichtjahre von unserer Erde entfernt ist.
Begleitet wird das Fastentuch mit umfangreichen Informationen im Kirchenraum zum Thema planetarischer Nebel. Pfarrer Peter Bösendorfer betont: „Der planetarische Nebel ist so passend als Symbol der Vergänglichkeit, zwar in sehr langen Zeitdimensionen, aber wir Menschen sollen das Leben auf unserer Erde wertschätzen und mit den Ressourcen sorgfältig umgehen, denn auch das Universum ist vergänglich, ein Spiegelbild des Lebens.“

Das Kreuzworträtsel als Fastentuch ist eine Einladung, Begriffe wie Umkehr, Kreuzweg, Beichte oder Besinnung wieder bewusster ins Leben zu rücken.

„Das Fastentuch in der Fastenzeit ist eine Bußübung der Gläubigen“, heißt es aus der Pfarre Maria Taferl. So hatte das Fastentuch ursprünglich die Funktion, die Gemeinde optisch vom Altarraum zu trennen. Auf diese Weise war es den Gläubigen nur möglich, das Geschehen des Gottesdienstes hörend zu verfolgen. „Es wurde also mit den Augen gefastet. Hierauf geht die alte Redewendung ,am Hungertuch nagenʻ zurück. Sie bezieht sich somit nicht nur auf materielle Armut, sondern auch auf die optisch erzwungene scheinbare Gottesferne“, erläutert Pfarrkirchenrat Christian Schüller.

Ein Kreuzworträtsel als neues Fastentuch: in der Wallfahrts-Basilika Maria Taferl. 
 | Foto: Foto: Christian Schüller
  • Ein Kreuzworträtsel als neues Fastentuch: in der Wallfahrts-Basilika Maria Taferl.
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Fastentuch, das Rätsel aufgibt

Das Kreuzworträtsel als Fastentuch im Maria Taferl sei eine Einladung, sich mit Begriffen auseinanderzusetzen, die in Beziehung zur Fastenzeit stehen. So könnten Begriffe wie Umkehr, Kreuzweg, Beichte oder Besinnung wieder bewusster in unser Leben rücken, ist man in Niederösterreichs größtem Wallfahrtsort überzeugt. Interessierte Besucherinnen und Besucher der Basilika können vor dem Fastentuch innehalten – und das Kreuzworträtsel lösen.

Das Fastentuch verweise auf verschiedene Aspekte, zum einen auf die „äußerlich sichtbare Unwürdigkeit der Gläubigen“, auf die Verhüllung der Gottheit Christi während seines Leidens und Sterbens, sowie auf die erwähnte Verhüllung des Tempelvorhangs.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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