Geldanlage
Nicht einfach gut oder böse

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Wer ein wenig Geld hat, überlegt sich, wohin damit. Ausgeben ist eine Möglichkeit, Anlegen eine andere. Zum Weltspartag am 31. Oktober stellt sich die Frage nach der „richtigen“ Geldanlage. Sparbücher bringen keine Zinsen mehr, sogenannte Investmentfonds werden immer attraktiver. Ein genauer Blick lohnt sich.

Monika Slouk

Geld ist nicht nur schmutzig“, sagt Schwester Magdalena Eichinger, „wir brauchen es.“ Die Expertin für ethische Geldanlage und Provinzökonomin der Steyler Missionsschwestern legt vor allem Geld für die Altersvorsorge der Ordensfrauen an, die in anderen Kontinenten oder im Ordenshaus tätig sind oder waren. Denn diese haben, im Gegensatz zu den Lehrerinnen oder Krankenschwestern aus dem Orden, sonst keinen Pensionsanspruch. Für sie ist also wichtig, dass das vorhandene Geld nicht unter dem Kopfpolster liegt und durch die Inflation an Wert verliert. Daher sucht Sr. Magdalena Eichinger nach geeigneten Anlageformen. Sobald sie das Geld einer Bank überlässt, gibt es die Bank als Kredit oder Anleihe weiter an Firmen, die investieren wollen.

Wohin das Geld fließt. „Im Tresor vermehrt sich das Geld ja nicht“, erklärt der Finanzmarktexperte Klaus Gabriel. Wohin fließt das Geld also? Für Sr. Magdalena Eichinger ist die Frage wichtig. Ihr Orden setzt sich weltweit für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ein. Deshalb will sie auch das Geld nur für solche Investitionen zur Verfügung stellen, die diesem Anliegen entsprechen. Sie will das Geld also „ethisch“ anlegen. „Ethik ist ein Reflexionsprozess“, so der Unternehmensberater Klaus Gabriel. „Wir denken über faires Handeln nach.“ Sr. Magdalena Eichinger ist selbst Expertin für ethische Geldanlage und Mitglied im Ethik-Anlagerat der Steyler Ethik Bank. Diese Perspektive hat ihren Blick geschärft. „Meine Mitschwestern engagieren sich in fast 50 Ländern der Erde zum Beispiel dafür, dass die Menschen Bildung und faire Bezahlung bekommen. Wenn unser Geld in eine Firma fließt, die zum Beispiel mit Palmöl handelt, von dem wir wissen, dass dafür großflächig indonesischer Urwald gerodet wird, was den Menschen wiederum ihre Lebensgrundlage entzieht, dann fallen wir ja den Schwestern in den Rücken!“

Viele Grau-Schattierungen. Um Geldanlagen ethisch zusammenstellen zu können, gibt es Ausschlusskriterien und Positiv-Kriterien: Ausschlusskriterien betreffen Geschäftsfelder und Geschäftspraktiken, die man nicht mitfinanzieren und von denen man nicht profitieren möchte, wie etwa Rüstungsindustrie, Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit, Zwangsarbeit. Positiv-Kriterien sind zum Beispiel erneuerbare Energiequellen, soziale Maßnahmen wie Wohnraum für Angestellte oder Beteiligung der Mitarbeiter/innen, Klimaschutzprojekte. Dennoch: „Schwarz und Weiß gibt es nicht“, sind die Ökonomin und der Unternehmensberater unabhängig voneinander überzeugt. „Eine Zulieferfirma technischer Bestandteile kann gleichzeitig Einzelteile für die Rüstungsindustrie und für Brotmaschinen herstellen“, schildert Sr. Magdalena ein Beispiel aus der Praxis. „Es gibt nicht einfach gut oder böse.“

Unterschiedliche Bewertungen. Sogenannte Rating-Agenturen sollen die Auswahl der einzelnen Komponenten einer Geldanlage vereinfachen. Sie analysieren Unternehmen und vergeben Noten. Doch „Rating-Agenturen arbeiten mit sehr verschiedenen Methoden und kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen“, weiß Klaus Gabriel aus Erfahrung. „Ich muss mir deren Methoden sehr genau anschauen.“ Zur Vereinfachung für die Geldanleger/innen helfen Gütesiegel, zum Beispiel das „Österreichische Umweltzeichen 49“ für nachhaltige Finanzprodukte. Es bietet einen Mindeststandard. „Damit ist man nicht bei den Schlechtesten dabei“, versichert Gabriel. Doch er rät zum genaueren Hinschauen: „Ein Beispiel ist die verschiedene Bewertung von Atomkraft. Manche sehen sie als brauchbare Übergangslösung für den Ausstieg aus fossiler Energie wie Kohle und Gas, andere betrachten sie wegen der ungelösten Fragen der Sicherheit und der Endlagerung als nicht akzeptabel.“

Wirkung in der Welt. Im Alltag jeder Bank hält der Wirtschaftsethiker die Rolle der Kund/innen für entscheidend. So habe es in Banken lange geheißen, dass Kund/-innen kein Interesse an ethischer Geldanlage hätten. Das habe sich inzwischen geändert. Trotzdem ist es wichtig, das Thema bei Beratungsgesprächen in der Bank anzusprechen, einfach zu fragen: „Was passiert mit meinem Geld?“ Diese Frage führe einen Kulturwandel herbei. Man nennt das die „indirekte Wirkung“. Auch wenn ein kleiner Betrag scheinbar keine direkte Auswirkung auf den Weltmarkt habe, machen viele kleine Beträge zusammen einen großen Unterschied. „Sparer/innen sind ein wichtiges Glied in der Kette“, ist Klaus Gabriel überzeugt. „Denn wirtschaftliche Entscheidungen haben Auswirkungen in der Gesellschaft.“ 

Zur Orientierung

Richtlinie der Bischofskonferenz
„Finanko“ ist die Abkürzung für „Finanzanlagen als Kooperation“ und bezeichnet die Richtlinie „Ethische Geldanlagen“ der Österreichischen Bischofskonferenz und der Ordensgemeinschaften. Das Vermögen ist kein Selbstzweck, steht da unter anderem. „Es soll jenen Aufgaben dienen, die Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern aufgetragen hat“ und „Die Anlage von Geld ist nicht ethisch neutral.“ Bestimmte Anbieter auszuschließen, könne zu Änderungen des Systems führen, so die Überzeugung der Bischöfe in ihrer Richtlinie.

Profit. Gleichzeitig fordert die Bischofskonferenz sorgfältigen Umgang mit Geld. „Um Geld für ihre vielfältigen Aufgaben bereitzustellen, hat die Kirche eine moralische Verpflichtung, mit Geldanlagen eine angemessene Rendite zu erzielen.“ Ethische Geldanlagen können mit der Rendite konventioneller Veranlagung längst mithalten, so Sr. Magdalena Eichinger.

bischofskonferenz.at

Mit der richtigen Geldanlage beschäftigen sich sowohl der Wirtschaftsethiker Klaus Gabriel als auch die Finanzexpertin Sr. Magdalena Eichinger.

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