24. Sonntag im Jahreskreis | 12. September 2021
Meditation

Foto: Grager

Der Heimweg

Mit leichtem Schritte
bin ich dich gelaufen – fast gehüpft,
in freudiger Erwartung auf das Ziel.

Mit bangem Schlurfen
bin ich dich geschlichen – fast gekrochen –
schiebend vor mir her: einen Brocken Angst.

Mit leerem Trotten
bin ich dich gegangen – fast gestapft –
mich in weite Ferne wünschend.

Mit erwartungsvollem Stampfen
bin ich dich gerannt – fast stolziert –
in hoffnungsvoller Freude.

Manchmal warst du schnell vorbei,
brachtest mich an meinen sichern Hort –
auf meiner Flucht vor aller Welt.

Dann wieder zogst du dich gar lang,
schwer war die Tasche, hart der Gang –
bedrückt von Welt und allem.

Anderntags, da brannt die Sonne heiß,
der Boden schien am Schuh zu kleben –
Hitze lähmt das Gehen.

Einmal konntest nicht lang genug du sein,
so bleiern wog die schlechte Nachricht –
schwarz war meine Fahne.

Doch immer fanden meine Füße
wie von selbst dorthin.
Dorthin, wo ich schon lange wohnte,
wo alles so bekannt erschien.

Dorthin, wo mir der Rest der Welt
gestohlen bleiben konnte.

Aber:
Wenn Füße aus den Schuhen wachsen,
Taschen schwerer wiegen,
gefüllt bereits mit vielem Leben –
Schönes, Schweres, Heitres, Bittres –
von allem bleibt was liegen.

Wenn nun der Weg,
auf den die Füß’ das Herze tragen,
von einem Tag zum nächsten
ein andrer wird
und man vor einer Kreuzung steht –
muss man es wagen.

Später dann,
wenn wir mit neuen Augen,
altbekannte Wege wieder sehen,
kann vieles gleich geblieben sein,
doch
ändert sich das Gehen.

Katharina Grager

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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