Wir sind Sonntagsblatt | Teil 4
Ein guter Realismus

Der Chefredakteur im Interview.  | Foto: Neuhold

Der Chefredakteur im Interview. Über Geschichte(n) und Fixplätze, Herausforderndes und Seelen-zustände von SchifahrerInnen.

Herr Dr. Herbert Meßner, Bischof Weber hatte Sie 1983 für die redaktionelle Leitung des Sonntagsblattes angefragt. Wie wäre es gewesen, wenn er Sie, sagen wir, zum Schifahrerseelsorger ernannt hätte?
Für die Schifahrtsseelsorge hätte Bischof Weber eine extreme Motivationskunst aufbieten müssen. Ich wäre wohl mehr in der frischen Luft gewesen. Und vielleicht hätte mich das Sonntagsblatt einmal angefragt, ein „Offen gesagt“ über den Seelenzustand unserer Schifahrerinnen und Schifahrer zu schreiben.

Wie war Ihr Einstieg beim Sonntagsblatt?
Ich war Quereinsteiger und musste alle Facetten der Arbeit kennen lernen. In meiner Studentenzeit hatte ich einige Jahre die Verantwortung für die zweimal im Jahr erscheinende Sonntagsblatt-Beilage „Priester&Volk“.

Da bekam ich einige Einblicke, auch wie eine Zeitung im Bleisatz entsteht. Schwierig war am Anfang das Umgehen mit gegensätzlichen Erwartungen: möglichst wenig oder möglichst viel verändern zu sollen. Im ersten halben Jahr war ich gleichzeitig noch Kaplan in Gleisdorf und unterrichtete am dortigen Gymnasium mit einigen Maturaklassen. Ich hatte mir bei Bischof Weber allerdings ausdrücklich gewünscht, auch in Zukunft
in einer Pfarre tätig zu sein.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Sonntagsblattes in den letzen 40 Jahren? Was hat sich gehalten? Was gibt es nicht mehr?
Gehalten hat sich der Titel unserer Zeitung: Sonntagsblatt für Steiermark. Vor 1938 war die steirische Kirchenzeitung nach ihrem Preis benannt: Zweigroschen-Blatt. Jetzt steht der Sonntag als Grundwert und Kennzeichen der Christen im Namen. Inzwischen haben das einige andere Diözesanzeitungen in Österreich auch so gemacht. Gehalten hat sich, auch wenn man die Auflagenzahlen nicht vergleichen kann, die Treue unserer Leserinnen und Leser.

Konstant geblieben ist unser Bemühen, die Zeitung preisgünstig und leistbar zu produzieren. Zu meiner Anfangszeit hatten wir viel Fixplatz für Geschichten und einen Fortsetzungsroman. Den Roman haben wir gestrichen. Geschichten können an anderen Stellen vorkommen. Die Entwicklung heute betrifft natürlich auch den digitalen Bereich.

Was ist für Sie aus dem Sonntagsblatt nicht mehr wegzudenken? Was darf in einer Kirchenzeitung nicht fehlen?
In ein Sonntagsblatt gehört natürlich die Botschaft des Sonntags mit den Schriftlesungen und einem vertiefenden Kommentar. Daneben bieten wir eine Seite „Meditation“ mit Texten zum Nachdenken. Unverzichtbar ist, dass kirchliches Leben auf der lokalen Ebene ebenso wie auf der Weltebene vorkommt. Wichtig sind mir aber auch Hilfestellungen für den Glauben und das christ-liche Leben. Geschätzt werden bei uns auch Ankündigungen und Veranstaltungshinweise oder Tipps für Fernsehen und Radio. Nicht missen möchte ich meinungsbildende Glossen, Rätsel und Humor.

Was macht Ihnen am meisten Freude bei Ihrer Arbeit im Sonntagsblatt?
Was erschwert sie Ihnen?

Freude macht mir unser gutes Team, ich gehe gern zur Arbeit. Ich freue mich über unsere vielseitige Tätigkeit. Jede Woche haben wir die Freude, etwas geschafft zu haben, ein fertiges Produkt unserer Arbeit zu sehen.
Freude bereiten mir die Pfarren, die uns unterstützen. Ich habe als Chefredakteur drei unterschiedliche Bischöfe erlebt. Bei allen konnten wir mit großem Vertrauen arbeiten.

Erschwerend kann natürlich Zeitdruck sein. Oder das viele Papier, das sich gerade bei mir gerne zu Bergen aufhäuft. Unangenehme Themen, etwa wo die Kirche kontrovers oder schlecht wegkommt, bilden jedenfalls eine Herausforderung.

Worüber schreiben Sie am liebsten?
Angenommen, Sie hätten eine Doppelseite zur freien Verfügung und einen ganzen Tag Zeit: Womit würden Sie diese Seiten gestalten wollen?
Im Kleinformat habe ich das jede Woche: Ich habe eine freie Spalte zur Verfügung mit dem Titel „Aus meiner Sicht“. Ich überlege dann: Beziehe ich Stellung zu einem aktuellen Ereignis? Gebe ich eine persönliche Erfahrung weiter und meine Konsequenzen daraus? Spreche ich kommende Feste an? Ich selber schreibe auch gerne über Themen des Glaubens und gottesdienstliches Feiern.

Woher nehmen Sie gerne Ihre Informationen über aktuelle Ereignisse in Politik, Gesellschaft und Kirche?
Die Sozialen Medien sind nicht wirklich meins. Politik und Gesellschaft verfolge ich über Fernsehen und Zeitungen. Was die Kirche betrifft, verlasse ich mich neben Fernsehen, Zeitungen und Agenturen gern auf mein eigenes Erleben. Ich glaube, das schafft einen guten Realismus.

Die Fragen stellten Heinz Finster und Katharina Grager

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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