Franz Küberl zum 70. Geburtstag | Teil 2
Das Leuchten der Vorbilder

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Es gab eine Menge herausfordernder Aufgaben für mich. Es gab Menschen, die mir zugetraut haben, immer komplexere Handlungsfelder zu übernehmen. Das war verbunden mit Lernen und Weiterbildung – die Erfahrungen anderer aufsaugend. Einen Zuwachs an Verantwortung verdaut man nur, wenn man auch seine Kompetenzen erweitert und Talente und Eigenschaften erkennt, die es auszubauen gilt. Ich habe gelernt, mich mit Menschen anderer Meinung und Weltanschauung auseinanderzusetzen, sehr oft, indem wir uns zusammensetzten. Vor allem habe ich im kirchlichen Milieu in der Heimatpfarre, in der eigenen Diözese, in Österreich, quer durch Europa und dann über die Welt ungemein viele Personen kennen gelernt, die mich mit ihrem Engagement, ihrer Hartnäckigkeit, ihrem Glauben und ihrer oft unvorstellbaren Menschenliebe stark und tief geprägt haben.

Wenn ich das schreibe, schießen mir viele Bilder durch den Kopf. Von Frauen und Männern, Ordensleuten und Laien, die unter oft unsäglichen Zu- und Umständen in Katastrophen, Flüchtlingslagern, Hungersnöten so agierten, dass ich wusste, was der Anspruch der Bergpredigt in gläubigen Personen bewegen kann. Und mehr als einmal entdeckte ich in mir, dass ich ein Mensch bin, den der Zufall auf die Butterseite der Welt fallen ließ. Und meine kleinlichen österreichischen Probleme „Hinsichtl und Rücksichtl“ verdunsteten. Zumindest das Pauluswort „Wir können nicht schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ – von ihm wohl in Bezug auf die jesuanische Zusage von der Auferstehung jedes Menschen in eine ewige, gute Zukunft gemeint – haben viele meiner Freunde und ich auch so verstanden, dass wir nicht schweigen dürfen, wenn es um Missstände, Verunstaltung des Menschseins und scheinbare Gottverlassenheit von Unterdrückten geht.

Quer durch Österreich habe ich in ungemein vielen Projekten der Caritas Angestellte und Ehrenamtliche erlebt, die an sehr ausgesetzten Punkten, wie sie das Leben schreibt, ihre Frau und ihren Mann stellten. Trotz öffentlichen Unverstandes und nicht selten mit Gegenwind haben sie ihren Glauben durch ihre Mitmenschlichkeit, ihre Sachkenntnis, ihr inneres Verantwortungsgerüst ausgeübt – ohne dogmatische Bauchläden, ohne dumpfe Missionierung, nein, durch die Art und Weise, wie sie Bedrängten zur Seite stehen. Da blitzt die Menschenliebe Gottes auf. Es sind Menschen, die von diesem Gottesverständnis durchtränkt sind, ohne jeden Tag ein Referat darüber zu halten, und deren Verständnis von Gehorsam im Hören der Anforderungen des Evangeliums liegt, weniger in Zurufen irdischer Hierarchie.

„Bei euch schmeckt man die Zukunft nicht“, so begründete eine oststeirische Bäuerin in den 1990er-Jahren, warum ihre Tochter nicht mehr in der Pfarre auftauchte. In diesem Buch begibt sich Franz Küberl auf eine Spurensuche zu möglichen Antworten auf diese Frage.
Franz Küberl, Zukunft muss nach Besserem schmecken, Tyrolia Verlag.
Hier Auszüge: Seiten 50–54.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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