Leserreise
Das Baltikum erleben

 Am 23.8.1989 erlebte die „Singende Revolution“ im Baltikum ihren Höhepunkt. Eine 600 km lange Kette singender Menschen erstreckte sich von Vilnius bis Tallinn. Die Esten sagen, sie hätten sich zur Freiheit gesungen. – Auf der „Tallinner Sängerfestwiese“ finden weiterhin Sängerfeste mit bis zu 23.000 Sängerinnen und Sängern sowie andere internationale Veranstaltungen statt. So traten hier beispielsweise schon Michael Jackson, Madonna und Robbie Williams auf. Kürzlich beeindruckten hier auch 74 Steirerinnen und Steirer mit dem deutsch-baltischen Kirchenlied 
„Wie groß bist du“.  | Foto: Finster
36Bilder
  • Am 23.8.1989 erlebte die „Singende Revolution“ im Baltikum ihren Höhepunkt. Eine 600 km lange Kette singender Menschen erstreckte sich von Vilnius bis Tallinn. Die Esten sagen, sie hätten sich zur Freiheit gesungen. – Auf der „Tallinner Sängerfestwiese“ finden weiterhin Sängerfeste mit bis zu 23.000 Sängerinnen und Sängern sowie andere internationale Veranstaltungen statt. So traten hier beispielsweise schon Michael Jackson, Madonna und Robbie Williams auf. Kürzlich beeindruckten hier auch 74 Steirerinnen und Steirer mit dem deutsch-baltischen Kirchenlied
    „Wie groß bist du“.
  • Foto: Finster
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Dünen, Bernstein, Städte und noch Meer faszinierten bei der SONNTAGSBLATT_Reise.

Die russische Invasion in der Ukraine elektrisiert. Dennoch entschließen wir uns, nachdenklich und vorsichtig: „Auf ins Baltikum!“ Die Menschen dort sind dankbar: „Viele deutsche Reisegruppen sagen ab, großartig, dass die Österreicher kommen!“ Die Reiseroute – wir bewältigen sie mit zwei Bussen – ist schnell erzählt: Wir erkunden knapp 4000 Straßenkilometer und 1200 km auf der Ostsee per Schiff in acht Ländern: Österreich – Tschechien (Olmütz) – Polen (Tschenstochau, Warschau) – Litauen (Vilnius, Elektrenai, Kaunas, Klaipeda, Kurische Nehrung, Nidden, Berg der Kreuze) – Lettland (Riga, Turaida) – Estland (Pärnu, Tallinn) – per Fähre nach Finnland (Helsinki) – per Fähre nach Deutschland (Travemünde, Lübeck, Fulda, Regensburg) – Graz.

Nachdenklich-hoffnungsvoll. Die Reise ins Baltikum führt uns gedanklich zurück in die dramatischen (geo-)politischen Umbrüche seit dem 2. Weltkrieg. Wir erahnen jahrzehntelanges Leiden dieser Völker jenseits des „Eisernen Vorhangs“. Besonders schätzen wir die Erzählungen und Berichte der Einheimischen. Sie haben die Geschehnisse in der Zeit der sowjetischen Besatzung selbst miterlebt. Heute sind sie stolz auf die Entwicklungen ihrer Länder seit deren Unabhängigkeit, und sie beschreiben die gegenwärtigen Ereignisse wehmütig und zugleich voll Hoffnung.

Katholiken, Protestanten, Bekenntnislose. Auf unserer Reise durchfahren wir religiös unterschiedlich geprägte Zonen. Das Fest „Mariä Aufnahme in den Himmel“ erleben wir mit 450.000 Pilgern im polnischen Tschenstochau. Nirgendwo wird der Stellenwert der katholischen Kirche in der polnischen Gesellschaft so augenscheinlich wie hier. In Litauen, ebenfalls katholisch geprägt, besuchen wir in Elektrenai die Marienkirche „Königin der Märtyrer“. Sie wurde 1996 als Antwort auf jene langen Jahre erbaut, in denen Elektrenai als „atheistische Musterstadt“ ohne Religion gegolten hat.

Beeindruckend erzählt uns Pfarrvikar Gintas Petkevicius, dass seine Großeltern unter Stalin nach Sibirien deportiert worden waren und seine Großmutter ihr neugeborenes Kind dem Schutz der Muttergottes anvertraute. Der Glaube half ihnen, diese harten Zeiten zu überleben. Der „Berg der Kreuze“ gilt als nationales Heiligtum in Litauen. In der kommunistischen Zeit einige Male niedergewalzt, zeugen heute über 100.000 Kreuze vom religiösen Leben und auch vom litauischen Unabhängigkeitsstreben. In Lettland beeindruckt der interkonfessionelle Austausch, in Estland schließlich erstaunt die große Anzahl der Menschen ohne religiöses Bekenntnis (72%). Lediglich 6000 Menschen bekennen sich zum katholischen Glauben. Pater Wodzisław Szczepanik, der eine Pfarre mit nur 30 Mitgliedern in Pärnu betreut, freut sich über unsere Teilnahme an der hl. Messe. „So viele Menschen waren noch nie auf einmal in dieser Kirche!“

Natur, Singen und Meer. Auf der Kurischen Nehrung durchwandern wir einen herrlichen Dünenweg, auf der Tallinner Sängerfestwiese (hier begann 1988 mit der Singenden Revolution der Weg zu Estlands Unabhängigkeit) singen wir das deutsch-baltische Kirchenlied „Wie groß bist du“, und das Morgenlob auf dem Schiff nach Travemünde lassen wir mit „Großer Gott, wir loben dich“ ausklingen

Heinz Finster

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ