Ausstellung - Kultum
Tot oder lebendig? Alte Meister

Caravaggios „Grablegung Christi“ (1602–04) aus dem Vatikanischen Museum war eines der historischen Vorbilder für ein malerisches Nachbuchstabieren von Guillaume Bruère (großes Bild), der in zahlreichen Museen Europas Hunderte von Bildern angefertigt hat. Im KULTUM ist es so 
installiert, dass es sowohl eine Vorder- wie eine Rücken-ansicht gibt (kleines Bild).
 | Foto: KULTUM Andrea Hopper
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  • Caravaggios „Grablegung Christi“ (1602–04) aus dem Vatikanischen Museum war eines der historischen Vorbilder für ein malerisches Nachbuchstabieren von Guillaume Bruère (großes Bild), der in zahlreichen Museen Europas Hunderte von Bildern angefertigt hat. Im KULTUM ist es so
    installiert, dass es sowohl eine Vorder- wie eine Rücken-ansicht gibt (kleines Bild).
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Der französische Maler Guillaume Bruère führt in der Fasten- und Osterausstellung des KULTUM zentrale Figurationen des Christentums berührend ins Heute.

Tot und lebendig: Alte Meister. Der französische, in Berlin lebende Künstler Guillaume Bruère, international bekannt durch seine „Museumsbilder“, hat sich in der Corona-Krise 2020 erneut religiösen Themen zugewandt; das Ergebnis wird im KULTUM nun erstmals gezeigt. Es entstanden radikale religiöse Bilder, die aus den zentralen Figurationen des Christentums hervorgegangen sind: Kreuzigungen, Adams und Evas, Marien, Apostel. Und Varianten des heiligen Hieronymus. War Bruère bislang durch seinen exzessiv-expressiven Malgestus bekannt, reiht er sich nun in die Schatten seiner malerischen Vorbilder dezidiert ein. Sie sind niemand geringerer als Giorgione, Piero della Francesca, Dürer, El Greco, Caravaggio oder Rembrandt. „Ich lerne malen“, sagt er lakonisch über seine neue Phase, obwohl der 44-jährige Künstler bereits insgesamt 10.000 (!) Werke gezeichnet und gemalt hat. 2018 hatte er in der Alten Galerie am Universalmuseum Joanneum in der Mittelaltersammlung gezeichnet.
Es gibt wohl kaum einen Künstler im internationalen Kunstgeschehen, der sich mit einer derartigen Durchsichtigkeit und Zerbrechlichkeit der „alten“ Gestalten des Christentums annimmt, wie Guillaume Bruère.

Das KULTUM zeigt diesen „Van Gogh der Gegenwart“ mit seinen neuesten Arbeiten zur Fasten- und Osterzeit 2021.
Zentral dabei sind seine Kreuzesdarstellungen, die in der Ausstellung durch die Lichtregie wie kleine Andachtsräume inszeniert sind. Die Einsamkeit Jesu, die Zerbrechlichkeit seines Körpers und seiner Botschaft, die intime Nähe mit den „Assistenzfiguren“ Maria und Johannes, vielleicht auch Maria Magdalena, und zugleich die ganze kosmische Dimension der Gottverlassenheit, die im großen Kreuzigungsbild „GOTT, WO BIST ICH?“ kulminiert, machen diese zeitgenössischen Kreuzigungsdarstellungen einzigartig.
Auch Adam und Eva und mit ihnen die Empfindung von nacktem Fleisch und die Lust auf die verbotene Frucht, der alte Mann in der Figur des heiligen Hieronymus, der völlig vergeistigt sich dem Studium widmet, sind weitere tragende Bildmotive.
Es sind nachfühlbare Bilder eines religiösen Erlebens, wie sie nur sehr selten zu Tage treten. Sie umschreiben mit einer unsäglichen malerischen Kraft ein Mysterium, das man gemeinhin höchstens noch der historischen Kunst zuschreibt.
Und all das mit den Augen eines Künstlers, der mit einem fremden Blick an das Christentum herangetreten ist und daraus seine künstlerische Faszination entwickelt hat.

Johannes Rauchenberger

Guillaume Bruère


IM ORIGINALTON

„Ich musste es einfach tun“
„Nicht Suppe reichen, sondern Portrait malen“, oder: „Das machen, was man kann.“ Das war die Reaktion von Guillau-me Bruère auf die akute Flüchtlingskrise 2015 in Berlin, als die Zusammenarbeit mit dem KULTUM begann. In einer öffentlichen Performance am Grazer Hauptplatz zeichnete er damals Flüchtlinge. Diese Bilder waren dann auch in Berlin, Brüssel und Paris ausgestellt. Das soll man wissen, wenn man diese Ausstellung besucht, die durch und durch von den Bildern und Symbolen des Christentums handelt: Adam und Eva, Weihnachten, Passionen und Kreuzigungen, Hieronymus in der Wüste. Eine Anhäufung dieser Art ist völlig einzigartig. Sie in der Dichte auszustellen, ist auch das Ergebnis eines lang aufgebauten Vertrauens mit dem Künstler, der diese Arbeiten nun europaweit erstmals im
KULTUM zeigt. Im YouTube-Gespräch mit Kurator Johannes Rauchenberger erzählt Guillaume Bruère, wie er, völlig säkularisiert aufgewachsen, über die Bilder Alter Meister zum Glauben gekommen ist, wie fremd ihm noch immer alles ist (und auch bleiben soll) und wie sehr ihn manche Bilder im Museum ansprechen, sodass sie Teil seines malenden Körpers werden.

Zur Ausstellung
KULTUM, Mariahilfer Platz 3, Graz
Dauer: 5. März bis 8. Mai 2021.
Öffnungszeiten: Di–Sa, 11–17 Uhr,
So 15–18 Uhr
Anmeldung erbeten: Aufgrund der Vorgaben der Bundesregierung ersuchen wir Sie um Anmeldung mit Zeitwunsch unter Tel. (0 31 6) 71 11 33-31 oder tickets@kultum.at
Eintritt: 5 Euro – Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei.

Künstlergespräche
VORERST ONLINE unter
www.kultum.at
und facebook.com/kultumgraz

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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