Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Wie viele Päpste braucht die Kirche?

Ich erinnere mich an einen Vortrag des streitbaren Theologen Hans Küng in Graz. Dabei hatte er vatikanischen und päpstlichen Zentralismus kritisiert. Auf die Frage aus dem Publikum, wie er da bei der evangelischen Kirche denke, meinte er: In der evangelischen Kirche gibt es nicht den großen Papst, aber manchmal viele kleine Päpste. Und das könne auch schlimm sein.

Nach dem Tod von Benedikt XVI. sind wieder Diskussionen aufgekommen, ob ein Papst zurücktreten soll oder nicht und ob wir jetzt zwei Päpste gehabt hätten. Wenn ein Papst zurücktritt, ist zunächst einmal die Frage, wie das zu machen ist. Benedikt XVI. wählte wenig überraschend ein an die Universität angelehntes Modell der Emeritierung. Und er behielt auch zurückgezogen im Kloster den speziellen weißen Talar der Päpste bei.

Trotzdem hatten wir ganz klar einen Papst, nämlich Franziskus. Vom 14. aufs 15. Jahrhundert gab es wirklich erst zwei, dann drei Päpste, die allesamt sich als der rechtmäßige Papst bezeichneten. Das spaltete damals Europa.

Ob es auf Dauer gefährlich wäre, einen ehemaligen Papst neben dem amtierenden zu haben, ist für mich eine Frage an die Kirche. Wenn in der Kirche leicht zwei Lager entstehen, zum Beispiel ein fortschrittliches und ein konservatives, dann besteht die Gefahr, dass sich beide Lager ihren „Papst“ suchen, ihn für ihre Sicht vereinnahmen wollen. Die großen Päpste können vielleicht gut miteinander. Außer sie werden von kleinen, in dem Fall katholischen Päpsten vereinnahmt.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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