Positionen - Svjetlana Wisiak
Sprechen Sie Deutsch?

Samstagvormittag in der Banklobby. Eine Dame gehobenen Alters bittet mich um Hilfe. Ihren gutgläubigen Umgang mit ihrem PIN-Code, den sie mir neben den Beträgen auf ihren multiplen Konten bereitwillig zeigt, kommentiere ich vorerst nicht. Stattdessen notiere ich ihr die Nummer des 24-Stunden-Helpdesk – für den Fall, dass ihr nächster Hilfesteller andere Absichten verfolgen sollte. Bestens gelaunt im Wissen, heute etwas Gutes getan zu haben, verabschiede ich mich, als sie mir noch ein „Gott sei Dank sprechen hier alle Deutsch!“ nachruft.

Zu perplex, um ihr zu antworten, verlasse ich, mittlerweile mit einem wachsenden Ballen Wut im Bauch, die Bankfiliale. Als jemand, der in Hinsicht auf seinen Migrationshintergrund „inkognito“ unterwegs ist, bin ich auf diese kleinen Gesten des Rassismus sensibilisiert.

Jene unter Ihnen, die sich nun fragen, was hier das Problem sei, möchte ich nur an einen Politiker erinnern, der Anfang Februar mit der „subtilen“ Bemerkung „Dann wäre Wien noch Wien“ bereits am darauffolgenden Tag die Verteilung von rassistischen Flugzetteln an einer Schule motiviert hat.

In einer von Krisen gezeichneten, stark verunsichernden Zeit spielen also Personen der Öffentlichkeit aus taktischen Gründen mit einer stark polarisierenden Thematik, die die dahinterliegenden Gefühle, Sorgen und Ängste offenlegt – und das nicht auf eine heilende, sondern eine menschenverachtende Weise. In dieser Fastenzeit (aber auch darüber hinaus) lade ich Sie deshalb ein, auf eines zu verzichten: auf den Hass. Danke!

Svjetlana Wisiak

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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