Theologie
Aus der Bibel kommt Rat

Katharina Pyschny bei ihrer Antrittsvorlesung im Grazer Meerscheinschlössl. Die vielseitige und international vernetzte alttestamentliche Bibelwissenschaftlerin lehrte zuvor unter anderem in Berlin. Dekan Argárate und Neutestamentlerkollege Christoph Heil stellten sie vor. Für schwungvolle Musik sorgten Moritz Weiß und Ivan Trenev. Unter den Gästen konnte auch Bischof Krautwaschl begrüßt werden. | Foto: Sophie Hollwöger
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  • Katharina Pyschny bei ihrer Antrittsvorlesung im Grazer Meerscheinschlössl. Die vielseitige und international vernetzte alttestamentliche Bibelwissenschaftlerin lehrte zuvor unter anderem in Berlin. Dekan Argárate und Neutestamentlerkollege Christoph Heil stellten sie vor. Für schwungvolle Musik sorgten Moritz Weiß und Ivan Trenev. Unter den Gästen konnte auch Bischof Krautwaschl begrüßt werden.
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Der Beratung widmete die Grazer Alttestamentlerin Katharina Pyschny ihre Antrittsvorlesung.

„Durch Hochmut entsteht nur Streit; wer sich beraten lässt, bei dem ist Weisheit.“ Was da im Buch der Sprichwörter steht, einer weisheitlichen Schrift im Alten Testament, trifft sehr gut auch auf unsere Zeit zu. Den Begriff „Beratung“ verwendet das Alte Testament zwar nicht, aber in Erzählungen und Konstellationen geht es sehr oft um Beratung. Diese ist oft interaktiv, mehrere Personen sind daran beteiligt. In der Beratung werden neue Sichtweisen, Erklärungen und Handlungsmöglichkeiten angeboten. Beratung kann durch Intervention, Hinterfragen oder auch durch Irritation erfolgen.

Beratung(-s-)Räume im Alten Testament hat Univ.-Prof.in Dr.in Katharina Pyschny als Thema für ihre offizielle Antrittsvorlesung am 9. Juni im Grazer Meerscheinschlössl gewählt. Seit Oktober 2022 lehrt sie als Nachfolgerin von Irmtraud Fischer Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz. Was über Beratung im Alten Testament gesagt wird, hat für sie zumindest als Denkmöglichkeit wichtige Bedeutung für Beratung in unserer Zeit. Sie erläuterte das an zwei Fallbeispielen.

Heilung mit Beratung. Von der Heilung des aramäischen Feldherrn Naaman durch den Propheten Elischa in Israel wird im 2. Buch der Könige erzählt (2 Kön 5,1–27). Naaman, ein erfolgreicher und auch beim König von Aram beliebter Feldherr, erkrankt plötzlich an Aussatz. Was kann man tun? Ein aus dem Nachbarland Israel entführtes Mädchen, das nun im Dienst der Königin von Aram steht, weiß Rat: In Israel, in Samaria, gibt es einen Propheten, der den Aussatz heilen könnte.
Der König von Aram geht darauf ein, schickt Naaman aber nicht zum Propheten, sondern zum König von Israel mit der Bitte, den Aussatz zu heilen. Der König von Israel weiß, dass er das nicht kann, und ist verzweifelt. Der Prophet Elischa hört davon und rät dem König, Naaman doch zu ihm zu schicken. Als Naaman zu Elischa kommt, lässt dieser ihm ausrichten, er solle siebenmal im Jordan untertauchen, dann werde er vom Aussatz rein. Naaman reagiert verärgert. Er hatte sich eine Heilung durch Gebet und Berührung vorgestellt. Nun reden ihm seine Diener gut zu. Etwas Schweres hätte Naaman für seine Heilung sicher getan; warum lehnt er es dann ab, bloß siebenmal in den Jordan zu tauchen? So ändert Naaman seine Sichtweise und folgt dem Rat des Propheten.
Als er geheilt ist, bekennt er sich zum Gott Israels. Während der Prophet Elischa alle angebotenen Dankesgeschenke ablehnt, will sich sein Diener Gehasi heimlich bereichern und erkrankt selbst an Aussatz.
Diese Heilungsgeschichte lässt sich gut als Beratungsgeschichte lesen. Beratung geht dabei von mehreren Seiten aus. Oft sind die einfachen Figuren in der Geschichte die entscheidenden Ratgeberinnen und Ratgeber. Beratung hat in der Bibel auch oft mit prophetischem Dienst und Seelsorge zu tun.

Irritation. Im Buch Ijob wird die Titelfigur Ijob (oder Hiob) zum Opfer eines himmlischen Tests. Wird dieser gerechte Mann, der so gottgefällig lebt und dem es so gut geht, bei seinem Glauben bleiben, wenn er alles verliert und am Ende selbst krank wird? Als das eintritt, kommen drei Freunde und reden auf ihn ein. Ihre Worte sind als Trost gedacht, tun aber nicht diese Wirkung. Die Freunde erinnern Ijob an sein bisheriges Leben, an Gottes Verheißungen – und sie fragen ihn, ob er nicht Schuld auf sich geladen haben muss, weil es ihm jetzt so schlecht geht.
Ijob akzeptiert dies nicht. Aber die Irrita-tion durch seine Freunde hilft ihm, die Situation zu bewältigen und vor Gott über seine Behandlung zu klagen. Beratung durch Irritation.
Das Alte Testament mit vielen Beratungsgeschichten kann zu einem wichtigen Ratgeber werden. Auch in unserer Zeit mit einer Inflation von Beratungsbegriffen. Auch in einer Kirche, die manchen zu viel an Unternehmensberatung aufgreift und deren Entscheidungsträger manchen zu beratungsresistent sind gegenüber einer modernen kritischen Theologie.

Herbert Meßner

Katharina Pyschny bei ihrer Antrittsvorlesung im Grazer Meerscheinschlössl. Die vielseitige und international vernetzte alttestamentliche Bibelwissenschaftlerin lehrte zuvor unter anderem in Berlin. Dekan Argárate und Neutestamentlerkollege Christoph Heil stellten sie vor. Für schwungvolle Musik sorgten Moritz Weiß und Ivan Trenev. Unter den Gästen konnte auch Bischof Krautwaschl begrüßt werden. | Foto: Sophie Hollwöger
Willkommen. V. l. Christoph Heil, Katharina Pyschny, Dekan Pablo Argárate und Pyschnys Vorgängerin Irmtraud Fischer.
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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