Familie
Mythos Förderwahn

Ein zweijähriges Kind muss nicht lesen können. Eltern versuchen heutzutage, ihr Kind so früh und vielfältig wie möglich zu fördern. Doch das kann schädlich sein. | Foto: pixabay
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  • Ein zweijähriges Kind muss nicht lesen können. Eltern versuchen heutzutage, ihr Kind so früh und vielfältig wie möglich zu fördern. Doch das kann schädlich sein.
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Zu frühe Förderung kann für Kinder schädlich sein.

Mythen als Erzählform stellten früher Behauptungen als Wahrheit dar, für die Beweise fehlten. Beruht der Förderwahn auch auf einem Mythos?
In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts fanden Hirnforscher heraus, dass Gehirne von Kleinkindern über mehr neuronale Verschaltungen verfügen als jene von Erwachsenen und dass nur die aktiv genutzten Schaltbahnen auch erhalten bleiben. Die Schlussfolgerung, dass man diese wertvolle Zeit für die intellektuelle Entwicklung nicht verstreichen lassen darf, führte zu einem noch andauernden gesellschaftlichen „Förderwettrüsten“. Keinesfalls sollen Fähigkeiten und Anlagen der Kinder verkümmern, damit sie auch später in unserer wettbewerbsorientierten Welt mithalten können. Daraus hat sich eine ganze Industrie entwickelt – mit Lernspielen schon für Kleinkinder und Babys.
Tausende Kompetenzen sollen bereits vor dem Schulbeginn angehäuft werden. Beweise, dass diese Frühförderungsangebote wirklich etwas bringen, gibt es nicht. Doch vielfach trauen sich Eltern nicht, sich diesem Förderdruck zu entziehen, aus Angst, ihrem Kind Chancen in der Zukunft zu verbauen. Diese Verunsicherung wird durch immer neue Veröffentlichungen zur kindlichen Wahrnehmung und Leistungsfähigkeit verstärkt. Oft entsteht dadurch eine Fixierung auf Defizite und erreichte Lernziele – das kann für Kinder qualvoll sein und bei den Eltern die Freude am Kind beeinträchtigen. Es braucht Mut, sich dieser gesellschaftlichen Strömung entgegenzustellen.

Elisabeth Günther

Fördern in Zeiten von Corona-Überforderung
Die Pandemie dauert an und mit ihr auch die Unsicherheit in vielen Lebensbereichen. Das ist insbesondere für Eltern belastend, denn sie tragen nicht nur für sich selbst Verantwortung, sondern auch für ihre Kinder.
Wie unterstütze ich mein Kind am besten in dieser herausfordernden Zeit?
Was kann ich tun, um mögliche negative Einflüsse auf die kindliche Entwicklung auszugleichen?
Online-Workshop: „Fördern in Zeiten von Corona-Überforderung“, 18. Februar, 19 bis 20.30 Uhr.
Anmeldung und nähere Informationen: Katholisches Bildungswerk, Tel (0 31 6)
80 41-345, E-Mail: kbw@graz-seckau.at

ZUM NACHDENKEN

Kinder wollen spielen
Eltern wollen ihre Kinder fördern – dieser Anspruch ist grundsätzlich etwas Gutes.
Doch wie kann das gelingen, ohne dass dies für Kinder und Eltern zu einer Belastung wird? Die Antwort auf diese Frage liegt in der kindlichen Natur selbst. Wir Eltern dürfen darauf vertrauen, dass sich unsere Kinder „ganz von selbst“ gut entwickeln. Kinder wollen spielen – das muss ihnen weder jemand vorleben noch aufzwingen. Man kann davon ausgehen, dass sich durch das Spielen all die höheren Funktionen im Hirn entwickeln, die es im späteren Leben braucht.
Wir können sie ruhig machen lassen. Dafür braucht es weder teures Spielmaterial noch gezielte Förderspiele. Es reicht, sie in ihrer Entdeckerlust und bei ihren Fragen nicht einzubremsen, sie im Alltag mithelfen und mit dabei sein zu lassen. Das ist Fördern pur.
Die natürliche Neugier zu bestärken und dem Kind auch zu zeigen, dass es manchmal anstrengend sein kann, durchzuhalten und Begonnenes fertig zu machen, stärkt seine Erfahrung, dass Leistung mit innerer Freude und Stolz verbunden ist.
Wir können Kinder beobachten und feststellen, was sie gerne tun, und ihnen dafür geeignetes Material zur Verfügung stellen – ohne Angst vor Schmutz und Unordnung. Wenn wir Kindern genügend Zeit dafür geben und ihnen erlauben, ihre Vorlieben und Fähigkeiten selbst zu entdecken, wenn wir ihnen altersentsprechend als Begleiter/innen zur Verfügung stehen, dann werden sie durch das Spielen automatisch schlau und sind gerüstet für ihre Zukunft.

Elisabeth Günther
Die Autorin ist zertifizierte Elternbildnerin des Katholischen Bildungswerks.

FÜR SIE GELESEN

Die Bibel für Klein und Groß
13,40 Euro, Verlag Neue Stadt

Stefan Liesenfeld erzählt 16 Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament: Gottes schöne Welt, Die große Flut, Abrahams Reise, Mose und das Meer, Jesus wird geboren und viele andere. Dieses Buch mit großformatigen Illustrationen von Giuliano Ferri setzt keine besonderen Kenntnisse bei den Eltern voraus und vermittelt auch denen, die wenig von der Bibel wissen, einen grundlegenden Einblick.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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