Mama auf Umwegen

Viele Frauen müssen die Erfahrung einer stillen Geburt machen. Heute ist der Umgang mit Tot- und Fehlgeburten sensibler geworden. Das Kind zu bestatten ist oft ein wichtiger Schritt im Trauerprozess. In vielen Pfarren gibt es eigene Gedenkgottesdienste und -orte für Sternenkinder. | Foto:  iStock
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Zum Muttertag. Eine Mama erzählt vom Schmerz, Sternenkinder ziehen lassen zu müssen, und der gleichzeitigen Dankbarkeit und Ehrfurcht vor dem Wunder des Lebens.

Sternenkinder
Kinder die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben, werden Sternenkinder genannt. „Stille Geburt“ meint, dass ein Kind ohne erkennbare Lebenszeichen zur Welt kommt – meist war es im Mutterleib schon tot.

Als ich nach über zwei Jahren unerfüllten Kinderwunsches zum ersten Mal einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt – und das noch dazu genau an meinem Geburtstag –, war ich der glücklichste Mensch auf Erden. Leider hielt diese Freude aber nur wenige Wochen. Dann wurde von meiner Ärztin am Ultraschall festgestellt, dass sich das kleine Pünktchen – für mich bereits mein geliebtes Kind – nicht weiterentwickelt hatte. Obwohl ich mit dem Thema Fehlgeburt schon durch Geschichten aus meinem Familien- und Freundeskreis vertraut war, fühlte ich mich, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Der Schmerz über den Verlust unseres Babys, dem wir dann auch einen Namen gaben, war riesig. Gleichzeitig war da aber auch so viel Dankbarkeit und so viel Hoffnung, dass es vielleicht ja bald wieder klappen könnte.

Hoffen auf ein Wunder
Nach weiteren zwei Jahren, in denen sich diese Hoffnung als vergeblich erwies, entschlossen mein Mann und ich uns dazu, den Pflegeeltern-Kurs zu besuchen, da wir uns diese Form des Familie-Seins auch schon länger gut vorstellen konnten. Doch kurz bevor wir die offizielle Bewilligung als Dauerpflegeeltern erhielten, wurde ich erneut schwanger. Wieder war die Freude riesig, aber diesmal war sie von Anfang an von großer Unsicherheit und Angst begleitet. Die Zeiten im Wartezimmer vor den Kontrollen bei meiner Frauenärztin waren furchtbar. Doch alles schien zu passen, und als ich am Ende der dreizehnten Schwangerschaftswoche von ihr beim Ultraschall mit den Worten „Du kannst aufatmen, Magdalena, das Herz schlägt“ beruhigt wurde, begann ich langsam, meine Ängste abzubauen und mich darauf einzustellen, dass wir wirklich ein Kind bekommen würden. Bis ich zwei Wochen später aus heiterem Himmel mit einem Fruchtblasenprolaps ins LKH eingeliefert wurde und schon bald sehr klar war, dass ich auch dieses Kind ziehen lassen werde müssen. Nach zwei langen Tagen, in denen wir allen medizinischen Prognosen zum Trotz auf ein Wunder hofften, brachte ich unsere kleine Tochter tot zur Welt. Sie war wunderschön und perfekt. Ein vollständiger Mensch, der nur noch wachsen hätte müssen. Und wieder war da neben dem unendlichen Schmerz auch so viel Dankbarkeit und Ehrfurcht vor dem Wunder des Lebens.

Das eigene Leben am seidenen Faden
Durch eine Blutvergiftung, die ich im Zuge der Geburt erlitt, war auch mein eigenes Leben gefährdet, doch mein Körper schaffte es dank ausgezeichneter intensivmedizinischer Betreuung relativ rasch, sich wieder hochzukämpfen. In die Vorbereitung des Begräbnisses für unser Kind steckte ich dann noch meine gesamte Liebe. Ich plante jedes Detail, verzierte den kleinen Sarg, schmückte eine Kerze, gestaltete einen Stein. Das half mir sehr in meinem Trauerprozess. Aber auch das Verständnis und Mit-Leid, das mir von allen Seiten entgegengebracht wurde, und dass niemand von mir verlangte zu „funktionieren“, war sehr wertvoll für mich.
Wieder knappe zwei Jahre und einen Umzug später, fühlten wir uns dann bereit, uns auf die Pflegeeltern-Liste schreiben zu lassen. Und dann dauerte es nicht mehr lange, bis tatsächlich ein neugeborenes Baby bei uns einzog. Unsere Pflegetochter – ein richtiger Sonnenschein – bereichert nun seit fast acht Monaten unser Leben Tag für Tag. Für sie darf ich nun mit großer Freude das sein, wonach ich mich so lange gesehnt habe und was ich bisher nur im Herzen für meine beiden Sternenkinder sein konnte: Mama.

Magdalena Hrauda

Viele Frauen müssen die Erfahrung einer stillen Geburt machen. Heute ist der Umgang mit Tot- und Fehlgeburten sensibler geworden. Das Kind zu bestatten ist oft ein wichtiger Schritt im Trauerprozess. In vielen Pfarren gibt es eigene Gedenkgottesdienste und -orte für Sternenkinder. | Foto:  iStock
Zwei Sternen-kinder trägt Magdalena im Herzen. Nach einer schweren Zeit darf sie heute voll Freude Pflegemutter sein. | Foto: Marcus Buchberger
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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