Ja zum ungeborenen Leben

Bis zum dritten Monat einer Schwangerschaft ist eine Abtreibung nach ärztlicher Beratung in Österreich seit 1973 straffrei. Kirchliche VertreterInnen mahnen seitens der Regierung mehr flankierende Maßnahmen und bürokratisch und strukturell mehr Familienfreundlichkeit ein.
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Vor 50 Jahren wurde in Österreich die Fristenregelung zum Schwangerschaftsabbruch eingeführt. Über fehlende flankierende Maßnahmen und schwierige ethische Aspekte.

Bischof Hermann Glettler hat zu Verbesserungen für die Situation werdender Mütter und zum Dialog über Abtreibungen und Lebensschutz aufgerufen. Jede Verhärtung und Ideologisierung sei in der Debatte „völlig fehl am Platz, erst recht wenn das sensible Thema parteipolitisch besetzt und in Wahlkämpfe gezogen wird“, sagte der Leiter der Familienkommission der Bischofskonferenz in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Ziel müsse sein, dass Kinder „angstfrei und ohne überbordende Sorgen zur Welt gebracht werden können“.

Anlass des Interviews gab der Beschluss der Fristenregelung vor 50 Jahren. Damals seien auch flankierende Maßnahmen versprochen worden, von denen viele noch auf ihre Umsetzung warteten. Während Österreich zuletzt fünf Milliarden Euro für Corona-Tests ausgegeben habe, um Leben zu schützen, seien Vereine, die Schwangeren in Not auch finanziell helfen, bis heute fast ausschließlich spendenfinanziert. „Diese Logik ist nicht einsichtig“, kritisierte der Innsbrucker Bischof.

Auch die Generalsekretärin des Vereins „Aktion Leben“, Martina Kronthaler, sieht noch „viel Luft nach oben“ im Blick auf die „positiven Maßnahmen zum Schutz des Lebens“. Frauen seien in der Schwangerschaft und speziell im ersten Lebensjahr ihrer Kinder abhängig von Staat und Partner, was mitunter zu Spannungen führe, betonte Kronthaler. Nach Trennungen oder Scheidungen kann es finanziell schwierig werden: „Hier bleiben die Frauen übrig. Viele müssen bis zu einem Jahr auf Unterhaltszahlungen warten“, so Kronthaler, deren Verein unter anderem Beratung und finanzielle Unterstützung bietet.

Zu einer Diskussion über Abtreibung „jenseits von Schuldzuweisung und Bestrafung“ hat die Katholische Frauenbewegung (kfbö) aufgerufen. Statt über Abtreibungsfristen zu streiten, sollte die Gesellschaft „das Dilemma im Vorhinein verhindern“, durch Forschung, Wissensvermittlung und Sozialpolitik, so die kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl. Um den Schutz des ungeborenen Lebens zu verbessern, seien u. a. familienrealistische Arbeitsmodelle notwendig sowie staatlich gewährleistete Unterhaltszahlungen für Alleinerziehende oder auch die gesicherte Verfügbarkeit kostenfreier Kinderbetreuung.

Umgekehrt dürfe es jedoch auch einen „Gebärzwang“ nicht geben, denn „das Ja zum ungeborenen Leben kann nur freiwillig gesprochen werden“, erklärt Ritter-Grepl. Und Ritter-Grepl forderte das Gespräch mit der Jugend ein. Deren Fragen und Unsicherheiten gelte es besonders ernst zu nehmen, würden doch „existenzielle Themen“ wie Familiengründung und -gestaltung im öffentlichen Diskurs meist zu kurz kommen.

Zellgewächs oder Mensch?
Grundsätzlich sei das Problem an Abtreibung kein religiöses, sondern ein menschliches, sagte Bischof Glettler. „Ausschlaggebend ist, ob wir über ein Zellgewächs diskutieren, das beliebig entfernt werden kann, oder über einen Menschen in seiner ersten Entwicklungsphase.“ Dass das „elementare Lebensrecht eines Kindes“ nicht geringer bewertet werden dürfe als das Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht einer erwachsenen Person, bezeichnete der Bischof als Grundkonflikt, den es zu benennen und „gewaltfreie Lösungen“ dafür zu finden gelte. Die Kirche steht laut Glettler auf der Seite der „besonders Vulnerablen“ und verstehe sich als Anwältin des Wohls der Frau und des Kindes zugleich.

Fristenregelung
Am 29. November 1973 stellte der Nationalrat den Schwangerschaftsabbruch in Österreich straffrei. Eine Abtreibung in den ersten drei Monaten nach ärztlicher Beratung, oder danach unter bestimmten Indikationen, wird nicht geahndet.

Bis zum dritten Monat einer Schwangerschaft ist eine Abtreibung nach ärztlicher Beratung in Österreich seit 1973 straffrei. Kirchliche VertreterInnen mahnen seitens der Regierung mehr flankierende Maßnahmen und bürokratisch und strukturell mehr Familienfreundlichkeit ein.
Dass mehr Zeit zwischen Beratungsgespräch und der Durchführung einer Abtreibung liegen sollte, wünscht sich Bischof Glettler. | Foto: iStock
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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