Interview mit Bischof Alois Schwarz
„Ostern fällt niemals aus!“

Das Evangelium zum Hochfest der Auferstehung Christi ist aufgeschlagen. | Foto: Harald Oppitz/KNA
  • Das Evangelium zum Hochfest der Auferstehung Christi ist aufgeschlagen.
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Bischof Dr. Alois Schwarz spricht im Interview mit „Kirche bunt“ über das heurige Osterfest in Zeiten der Corona-Pandemie, über die Hauskirche, die Rolle der Kirche in diesen Tagen und den Trost für Menschen, die von einer Corona-Erkrankung direkt betroffen sind.

Welche ist für Sie – gerade im Hinblick auf die Pandemie – die wichtigste Botschaft heuer zu Ostern?
Bischof Dr. Alois Schwarz: Die Botschaft von Ostern ist: Das Leben setzt sich gegen den Tod durch. Das ist die große Frohbotschaft für die Welt. Das Evangelium ist ein Wort des Widerstands gegen den Versuch der Welt, die Geschichte für die glücklichen Sieger und Nutznießer zu reservieren. Ich vertraue auf einen Gott, der der Herr der Geschichte ist, der dem Leid und der Not, der Armut und dem Tod, die wir derzeit ganz stark spüren, nicht das letzte Wort lassen wird. Das ist der Kern meines christlichen Glaubens. Wir leben gerade eine Gelegenheit, „jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt“ (vgl. 1 Petr 3,15).

Es gibt von der Diözese Vorschläge für die Hauskirche in dieser Zeit – was auch in der letzten Woche in Kirche bunt erschienen ist. Ermöglicht das individuelle Gebet und Feiern zu Hause den gleichwertigen Zugang zum Göttlichen wie eine Messe?
Bischof Schwarz: Die heilige Messe ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“, so formuliert es das Zweite Vatikanische Konzil. Sie ist gleichsam das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle. Die Feier der Sakramente, wie sie insbesondere die Feier der heiligen Messe ist, ist ein verlässlicher Ort der Gottesbegegnung. Es geht in der Kirche und daheim um die persönliche Gottesbeziehung. Wir sind in unserem Glauben angewiesen, dass uns das Göttliche geschenkt wird. Wichtig ist es mir zu betonen: Hauskirche war und ist keine „Do it yourself“-Messe, sondern würdige Ergänzung und lebendiger Ort der Christusbeziehung.

Die Hauskirche ist heuer der Platz, an dem die Menschen die Kartage, Auferstehung und Ostern feiern werden. Ist das zukunftsweisend? Wird die Hauskirche in Zukunft insgesamt wichtiger werden?
Bischof Schwarz: Hauskirche hatte im Leben christlicher Menschen immer eine wichtige Rolle: gemeinsam beten, gemeinsam feiern, gemeinsames Ausrichten auf Chris­tus. Neben dem Mitfeiern der heiligen Messe ist die gelebte Hauskirche eine Möglichkeit, Verbundenheit aufrecht zu erhalten und Glauben zu vertiefen.

Und umgekehrt: Zwingt die Situation, wie sie heuer zu Ostern ist, wo eben das Brauchtum nicht so sehr gelebt werden kann wie in den anderen Jahren, nicht auch dazu, dass die Osterbotschaft im Vordergrund steht?
Bischof Schwarz: Besonders schmerzen mich Schlagzeilen wie „Ostern abgesagt“ oder „Ostern fällt aus“. Ostern fällt niemals aus, Ostern findet statt: Die Auferstehung unseres Herrn erlöst und befreit, wo auch immer wir sind und nicht nur in diesen Tagen. Die Osterbotschaft ist immer in die Realität von Menschen hineingerufen.

Viele fragen: Was macht die Kirche eigentlich jetzt in diesen Zeiten, wo keine Messen gefeiert werden, wo es keine Begegnung zwischen Seelsorgern und Menschen geben darf, etc.? Was antworten Sie auf diese Fragen?
Bischof Schwarz: Ich präzisiere: wo es keine physische Begegnung geben darf! Die persönliche telefonische, verbale, schriftliche, betende Komponente ist auch pastoral, ist auch sozial. Dasein für die Menschen kann man in vielfältiger Art und Weise. Pfarren erweisen sich vielerorts als lebendige soziale Netzwerke, die helfen, die da sind, die tragen. Die Priester feiern zudem in Stellvertretung täglich die Messe für die Gemeinde. Es ist eine außergewöhnliche Situation, die pastorale Kreativität und ungewohnte Herangehensweisen hervorbringt. Es ist ein schmaler Grat, der hier begangen wird: wie lange ist lange genug, um die Gesundheitskrise wirk­lich hinter sich zu lassen? Auch auf Ebene der Bischofskonferenz gibt es hier viele Gespräche und Abstimmungsarbeit, wie und wann es zurückgehen kann.

Muss die Welt sich durch die Coronakrise neu erfinden oder Prioritäten neu setzen?

Bischof Dr. Alois Schwarz: Die Welt hat sich schon verändert und erwartet von uns schon jetzt neue Prioritäten. Im Grunde haben wir in der Bibel das Überlebensprogramm für die Menschheit. Die große Aufgabe ist es, füreinander Menschen zu sein. Prognosen wage ich zum jetzigen Zeitpunkt keine: Nun gilt es zuallererst für viele Menschen, diese Krisenzeit zu gestalten, zu überleben, zu ertragen.

Wird sich die Gestalt der Kirche durch die Pandemie ändern?
Bischof Dr. Alois Schwarz: Die Kirche ist, wie es das Zweite Vatikanische Konzil formuliert hat, Zeichen und Werkzeug für die Einheit der Menschen mit Gott und für die Einheit der ganzen Menschheit. Sind wir als Werkzeug tauglich für die Einheit der Menschheit? Ich denke, es wird auch ein großes „Mehr“ im Raum stehen: Wagen wir uns auf zusätzlichen Wegen weiter? Erreichen wir plötzlich Menschen, die wir bisher nicht erreicht haben? Bewegen wir uns mit der Digitalisierung als Kirche nun in einem Raum, der durch das Tun immer vertrauter wird? Digital ersetzt niemals real, wir sind physisch-soziale Wesen: Präsenz in digitalen Welten kann jedoch eine Möglichkeit eröffnen, die in realen Begegnungen mündet.

Welchen Trost können Sie Menschen spenden, die schwer am Virus erkrankt sind, oder Menschen, die bereits jemanden durch das Coronavirus verloren haben?

Bischof Schwarz: Trost bedeutet zuallererst, gemeinsam den Schmerz zu ertragen. Kein Wort, kein Satz ist hier allgemeingültig tröstend. Den einen hilft der Blick auf Jesus Christus, andere beginnen zu zweifeln, wo Gott ist. Ich wiederhole mich, wenn ich sage: Unser Gott will mit uns in Beziehung sein, und er hält unsere Zweifel aus. Eine gesunde Beziehung bedeutet auch manchmal, Unverständnis anzusprechen. Hören wir nur niemals auf, in Zwiesprache mit Gott und den Menschen zu bleiben. Ich bete für alle Menschen, dass ihnen die Osterbotschaft Trost sei: Christus hat den Tod besiegt.

Was bereitet Ihnen in der derzeitigen Situation die größte Sorge? Gibt es auch Grund zur Freude?
Bischof Schwarz: Die Welle der Hilfsbereitschaft, das Gemeinschaftsdenken, der große Wille, diese Zeit gemeinsam zu gestalten, das freut mich besonders. Zu hören, auch kritisch, dass vielen Menschen die Messe, dass Gemeinschaft in Christus fehlt. Auch das gilt es gemeinsam auszuhalten. Sorge bereiten mir die wirtschaftlichen Folgen dieser Zeit, die Arbeitslosen, die Alten und Kranken, die Sterbenden, die dies in Isolation erdulden müssen. Die Coronakrise ist ein Brennglas auf die Stärken und Schwächen unserer Zeit.

Wie lauten heuer Ihre Osterwünsche?
Bischof Schwarz: Im persönlichen betenden Mitgehen mit Jesus Christus Ostern feiern. Als Menschen die Gleichzeitigkeit von Schönem und Traurigem aushalten. Einander Segen sein. Sich vom Auferstandenen ansprechen lassen, und wie Maria von Magdala staunend erkennen: Der Tod hat nicht das letzte Wort.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie wie die Emmausjünger immer wieder entdecken, dass der Auferstandene Jesus mit Ihnen geht.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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