1. Auslandsreise des Papstes seit Frühjahr 2020
März 2021: Papst plant Besuch im Irak

Nur noch ein Prozent der Menschen im Irak sind Chris­ten. Für sie ist die Ankündigung der Papst­reise in ihr Land mehr als nur eine Botschaft der Hoffnung. Auf dem Foto: Chaldäische Christen bei einem Gottesdienst in Erbil.  | Foto: KNA
  • Nur noch ein Prozent der Menschen im Irak sind Chris­ten. Für sie ist die Ankündigung der Papst­reise in ihr Land mehr als nur eine Botschaft der Hoffnung. Auf dem Foto: Chaldäische Christen bei einem Gottesdienst in Erbil.
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Papst Franziskus will vom 5. bis 8. März 2021 in den Irak reisen – diese Nachricht mitten im Advent sorgte für Aufsehen. Unter der Hand hatte es im Vatikan bisher oft geheißen: Nach 2020 fallen auch 2021 Auslandsreisen des Paps­tes komplett aus. Der Weltjugendtag in Lissa­bon war pandemiebedingt gar von 2022 auf 2023 verlegt worden. Zudem ist das Reiseziel Irak außergewöhnlich, denn es wäre der erste Besuch eines Papstes in dem arabischen Land.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr unternahm Papst Franziskus keine Auslandsreisen mehr. Lediglich Anfang Oktober begab er sich nach Assisi, um dort seine Enzyklika „Fratelli tutti“ zu unterzeichnen. Ein bereits terminierter Besuch in Malta ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Auch Reisen in den Südsudan sowie nach Indonesien, Ost-Timor und Papua-Neuguinea wurden auf Eis gelegt.

„Super-Spreader-Events“ sind im Irak nicht zu erwarten

Der Papst reise auf Einladung der irakischen Regierung und der katholischen Kirche des Landes, teilte das vatikanische Presseamt mit. Pläne für einen Besuch von Franziskus im Irak gibt es schon länger; bisher wurden sie unter Verweis auf die Sicherheitslage nicht realisiert. Und dann kam die Corona-Pandemie. Warum nun also doch?

Was Papstreisen in der Pandemie gefährlich macht, sind Menschenansammlungen. Papst-Messen und gesäumte Straßen mit Zigtausenden wären „Super-Spreader-Events“. Im Irak ist damit nicht zu rechnen. Waren Christen schon früher eine Minderheit, so sind seit den Irak-Kriegen und dem Terror der IS-Milizen in den vergangenen Jahren fast zwei Millionen Christen geflohen. Schätzungsweise sind aktuell noch ein Prozent der Menschen im Irak Chris­ten; das Statistische Jahrbuch des Vatikan nennt für Ende 2018 als aktuellster Zahl 568.000 Katholiken. Da sind nicht unbedingt Massenaufläufe zu erwarten, zumal Sicherheitskräfte und Pandemiebestimmungen das Land fest im Griff haben.

Andererseits will Franziskus neben der Hauptstadt Bagdad auch jene Orte besuchen, in denen die wenigen Christen vor allem leben: Karakosch, wohin nach dem IS-Terror viele zurückkehren, Erbil und Mossul im Norden, wohin viele geflohen sind. Diese werden es sich nicht nehmen lassen, den Papst live zu sehen. Zumal er vor allem ihretwegen kommt.

Die sich entwickelnde Pandemie wird bestimmen, wie großzügig Gottesdienste und Papamobil-Touren ausfallen können. Unter den knapp 39 Millionen Irakis forderte das Coronavirus bislang mehr als 12.400 Todesopfer, soweit die bekannten Zahlen. Andererseits: Wer im Irak Kriege, Terror, Flucht und Armut überlebt hat, wird sich wegen des Virus kaum übergroße Sorgen machen, wenn er die Chance hat, den Papst möglichst nah zu erleben.
Eine Visite in Ur, nahe der heutigen Stadt Nasiriya im Südosten des Irak, wäre eine päpstliche Reverenz an den Stammvater von Juden, Christen und Muslimen. Bevor Abraham gen Westen ins gelobte Land aufbrach, lebte er laut biblischer Überlieferung in Ur, heute mit 6.000 Jahren Siedlungsgeschichte einer der ältesten Orte im Zweistromland.

Interreligiöser Dialog

Der mögliche Besuch zeigt auch, wie sehr Franziskus daran gelegen ist, in der arabischen Welt den interreligiösen Dialogs voranzutreiben. Bei dem Besuch könnte er an die Unterzeichnung des „Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen“ Anfang 2019 in Abu Dhabi sowie an seinen anschließenden Besuch in Marokko anknüpfen. Da zwei Drittel der irakischen Muslime Schiiten sind, böte sich zudem Gelegenheit, die Initiative auf diese muslimische Konfession auszuweiten.

Sollte die Irak-Visite im März tatsächlich stattfinden, wäre sie die erste Auslandsreise des Papstes seit seinem Aufenthalt in Thailand und Japan Ende November 2019. Die Tatsache, dass der Vatikan die Reise jetzt, mitten in der zweiten Pandemiewelle, bekanntgibt, ist bemerkenswert und ein starkes politisches wie kirchliches Zeichen. Schon als solches stützt es die Reformbemühungen des neuen schiitischen Ministerpräsidenten Mustafa al-Kadhimi.

Für die Christen im Land klingt diese Meldung mitten im Advent wie die „Schritte eines Freudenboten“, von denen biblische Lesungen in der Vorweihnachtszeit berichten. Die geplante Reise sei für die Christen vor Ort „wie ein neues Weihnachten“, so Bagdads Patriarch Louis Raphael I. Sako. Die Reise sei „ein mutiger Akt, vor allem in diesem Moment“.

Auch deshalb weist die vatikanische Ankündigung darauf hin, man müsse die weitere Entwicklung der Pandemie berücksichtigen. Ein genaues Programm folgt daher erst „zu gegebener Zeit“. Roland Juchem/Kathpress/Red.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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