Heilige Cäcilia, singe für uns!

Ganz ohne Blut: Stefano Maderno schuf 1599 die liegende Figur der heiligen Cäcilia mit der Wunde im Nacken aus einem Block weißen Marmors.
 | Foto: Von Alvesgaspar - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,  https://commons.wikimedia.org/w/ index.php?curid=45349140
  • Ganz ohne Blut: Stefano Maderno schuf 1599 die liegende Figur der heiligen Cäcilia mit der Wunde im Nacken aus einem Block weißen Marmors.
  • Foto: Von Alvesgaspar - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/ index.php?curid=45349140
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Gleich vorweg: Ob die heilige Cäcilia tatsächlich gelebt und das ihr zugeschriebene Martyrium ertlitten hat, ist ungewiss. Als Patronin der Kirchenmusik steht sie indes auch heute hoch in Ehren. Wie also kam die heilige Cäcilia zur Orgel?

Der Name Cäcilia steht nicht im römischen Festkalender von 354; weder bei Ambrosius, Augustinus, Hieronymus oder anderen Autoren findet sich ein Hinweis auf sie. Erst gegen das Jahr 500 ist ihre Legende erstmals greifbar. Dass es von einer so prominenten Märtyrerin erst fast 300 Jahre nach ihrem Martyrium eine Überlieferung gibt, steht im Widerspruch zur Verehrung der Märtyrer, die in den ersten Jahrhunderten besonders ausgeprägt war.
Die Frage ist also nicht so sehr, wer die historische Cäcilia war, sondern was die Legende sagen will und was sie uns auch heute noch sagen kann. Cäcilia lebte demnach um das Jahr 200 in Rom und entstammte der Familie der Cäcilier.

Sie war adelig und schön – also durchaus begehrenswert. Ihre Eltern verheirateten sie mit Valerianus, einem Heiden. Doch Cäcilia hatte schon als Kind gelobte, ganz Christus zu gehören. Das ist auch der „Motor“, der die innere Dynamik der Legende in Gang setzt: In der Hochzeitsnacht erklärte sie ihrem Mann, dass ein Engel ihr als Beschützer ihrer Reinheit zur Seite stehe. Valerianus fand – auch durch die gelebte Nächstenliebe seiner Gemahlin – zum Glauben. Als er von der Taufe durch den römischen Bischof Urban I. zurückkehrte, sah er den Engel, der ihnen duftende Kränze aus Lilien und Rosen überreichte – wohl schon eine Vorahnung des kommenden Martyriums.

Durch Valerianus bekehrte sich auch dessen Bruder Tiburtius. Sie pflegten Kranke, kümmerten sich um arme Familien und beerdigten verbotenerweise hingerichtete Christen. Dafür kamen sie ins Gefängnis und bekehrten dort auch noch ihren Gefängniswärter Maximus. Man sieht: Der Glaube zieht immer weitere Kreise. Der Präfekt Almachius ließ schließlich alle drei Männer mit Bleiklötzen schlagen und dann enthaupten.

Wunder als Bestätigung der Legende

Als Cäcilia sie heimlich begrub, wurde sie festgenommen und in siedendes Wasser gesetzt, dem sie unversehrt entstieg. Daraufhin wurde sie dem Henker übergeben. Mit drei Schwerthieben gelang es ihm nicht, sie zu enthaupten. Die „halsstarrige“ Cäcilia lebte noch drei Tage, bekehrte selbst in dieser Lage noch einige zum Glauben und verschenkte ihr Gut an die Armen, ehe sie am 22. November starb. In der Zahl drei steckt vermutlich ein Hinweis auf die Macht ihres Glaubens an den dreifaltigen Gott. In einem golddurchwirkten Gewand wurde sie schließlich in einen Zypressensarg gelegt und von Papst Urban I. neben dessen Vorgängern bestattet. Soweit also die durchaus kunstvoll verflochtene Legende, die den Verzicht auf die Ehe um eines höheren Gutes willen – der Liebe zu Christus – propagiert.

Mit der Verbreitung der Legende entwickelte sich um das Jahr 500 rasch die Verehrung der heiligen Cäcilia. Über ihrem vermeintlichen Haus im Stadtteil Trastevere, dem damaligen Armenviertel Roms jenseits des Tiber, wurde eine Kirche errichtet. Papst Paschalis fand 819 schließlich ihr Grab, nachdem ihm die Heilige im Traum erschienen war und ihm den Weg gewiesen hatte. Er ließ den Sarg nach Santa Cecilia bringen und eine neue Kirche bauen. Anlässlich einer Renovierung im Jahr 1599 ließ Papst Clemens VIII. den Sarg öffnen und erblickte dabei einen in Goldbrokat gehüllten, fast unzerstörten Leichnam mit einer blutigen Stichwunde am Hals. Aus dieser Zeit stammt die anmutig-berührende liegende Figur der heiligen Cäcilia aus weißem Marmor von Stefano Maderno. Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand bilden ein V für Victoria – das Siegeszeichen: In ihrem Glauben hat sie weltlicher Gewalt widerstanden und ist sie über den Tod hinaus siegreich geblieben.

Von der Cäcilia der Legende zur Patronin der Kirchenmusik war es noch ein weiter Weg. Weniger verwunderlich ist, dass die karitativ tätige Märtyrerin auch zu den Vierzehn Nothelfern gehört. Die Verbindung zur Kirchenmusik ist einer Antiphon zu ihrem Festtag geschuldet. Darin heißt es, dass bei ihrer Hochzeitsfeier „die Musikinstrumente erklangen“ (lateinisch: „cantantibus organis“). Im Lauf der Zeit wurde dieser Sammelbegriff auf die Orgel übertragen, die als einziges erlaubtes Musikinstrument ab dem späten Mittelalter in den Kirchen Verbreitung fand.
Dann war es nur mehr ein kleiner Schritt bis zu den Darstellung der Heiligen mit einer Orgel auf Gemälden oder Kirchenfenstern. Verständlich auch, dass sich die Kirchenmusik selbst ihrer Patronin annahm. Henry Purcell setzte ihr mit „Laudate Ceciliam“ (1683) und „Hail, bright Cecilia“ (1692) ein klangliches Denkmal, Georg Friedrich Händel mit seiner „Ode for St. Cecilia’s Day“. Joseph Haydns längste Messe, die „Missa Cellensis in honorem Beatissimae Virginis Mariae“ (1766), wird „Cäcilienmesse“ genannt, auch wenn sie gar nicht für das Fest der heiligen Cäcilia komponiert wurde, sondern für den Wallfahrtsort Mariazell. Charles Gounods „Messe solennelle de Ste-Cécile“ von 1855, Liszts „Legende der heiligen Cäcilia“ (1874) und Benjamin Brittens „Hymn to St. Cecilia“ (1942) setzen die Tradition der Cäcilienverehrung bis in die jüngere Vergangenheit fort.

Heinrich von Kleists Erzählung „Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik“ (1881) handelt zur Zeit des reformatorischen Bildersturms in den Niederlanden, bei dem radikale Calvinisten im August 1566 über 400 Kirchen verwüsteten. Vier Brüder aus Holland, die sich vorgenommen haben, mit dem Aachener Dom gleichermaßen zu verfahren, sind vom Gesang der Nonnen derart bezaubert, dass sie von ihrem Vorhaben ablassen. Es soll die heilige Cäcilia selbst gewesen sein, die anstelle der erkrankten Kantorin den Chor der Nonnen dirigierte.

Als ihre Patronin verehren die heilige Cäcilia viele, die sich dieser geheimnisvollen Macht der Musik verschrieben haben: Organisten, Orgel- und Instrumentenbauer, Sänger, Musiker und auch Dichter. Wenn einem dann noch der Vorname Cecilia in die Wiege gelegt wird, ist das für eine musikalische Laufbahn wie jene der Cecilia Bartoli sicher ein gutes Omen. Neben der Kirche Santa Cecilia in Rom ist der Märtyrerin der Legende und des Glaubens auch die zum Weltkulturerbe zählende Basilika von Albi in Frankreich geweiht. Heilige Cäcilia, wir bitten dich: Singe du bei Gott für uns. Du weißt ja: Wer singt, betet doppelt.

Autor:

Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt

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