Geigenbauer über "Resonanz mit Gott"
Die Würde des Tages

Martin Schleske. | Foto: Janina Laszlo

Martin Schleske ist einer der besten Geigenbauer der Gegenwart; seine Instrumente werden auf den großen Bühnen der Welt gespielt. Die Liebe zum Klang und zum Hören spiegelt sich auch in seinen Texten über „Resonanz-Erfahrungen“ mit Gott:

Als Geigenbauer bringe ich nur das gewachsene Holz zum Klingen. Ich mache es nicht. Es ist alles schon da. Ich höre das Rauschen der Fasern unter dem Hobel und sehe deren Glanz unter der Ziehklinge, und wenn ich unter dem Mikroskop auch nur ein einzige Tracheide erforsche, muss ich unwillkürlich erschaudern. Was für eine Schönheit! Was für eine Architektur. Ich putze die Außenwölbung eines Cellobodens, man muss ihn fast küssen: Sein Holz ist 50 000 Jahre alt, es stammt aus einem Hochmoor Neuseelands. Vor Kurzem wurde es entdeckt.
Auf eine heilsame Weise wird angesichts solch eines Schatzes im Acker das eigene Leben klein. Wir stellen uns zur Verfügung. Es soll etwas Gutes daraus entstehen. Das heißt Leben.

Die Instrumente werden mich überdauern, und es werden einmal Menschen diesen Text lesen und Generationen noch dieses jetzt werdende Cello spielen, wenn mein Weg seine nötige Zäsur genommen hat, um in anderen Welten weiter zu gehen.
Was hier geschieht, ist wie eine vom Himmel begabte, unerlässliche Übung der Liebe auf das hin, was nach und nach noch kommen wird. Wie es im Lukasevangelium heißt: „Du bist im Geringen treu gewesen, geh nun ein, mein treuer Knecht, in meine Freude, ich will dich über Größeres setzen.“

Eine über die Jahre gewiss gewordene Ahnung in mir sagt: Ich durchlebe und leide auch in meiner Arbeit den Klang, damit ich einmal an den himmlischen Werkbänken an Instrumenten der (von Welt zu Welt zunehmenden) Gottesherrlichkeit arbeiten kann. Gewiss werde ich Zeit für die Musik in den Sälen eines größeren Lobpreises haben. Darum liebe ich das Kleine. Es ist in jedem Arbeitsgang ein Werdegang der Vorfreude auf das Große und Eine zu spüren. Was für ein Wunder, Holzfasern mit einem derart urgewaltigen Alter in Händen zu spüren!

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "WerkZeuge" von Martin Schleske (mit freundlicher Genehmigung von bene! Verlag/Droemer Knaur, Oktober 2022).

Autor:

Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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