31. Sonntag im Jahreskreis | 5. November 2023
Kommentar

Der Stuhl des Mose und der Stuhl Petri

Bei der eben zu Ende gegangenen Synode in Rom hat die Kirche ein neues Gesicht gezeigt. Das begann mit der überraschenden Sitzordnung an runden Tischen und reichte bis dahin, dass viele Bischöfe bei den Sitzungen statt der repräsentativen Soutane einen schlichten Anzug trugen. Auch die stimmberechtigte Teilnahme von Nicht-Bischöfen, vor allem jene von Frauen, war eine neue Erfahrung. All das hat sich sehr auf die Art der Gespräche, auf den Umgangsstil ausgewirkt.

Vielleicht ist dabei manchen kirchlichen Amtsträgern bewusst geworden, was Jesus – und schon vor ihm der Prophet Maleachi – an Vertretern der Hierarchie, den damaligen religiösen Eliten, die auf dem „Stuhl des Mose“ sitzen, auszusetzen hatte. In Bezug auf deren Vorliebe für lange, prunkvolle Gewänder, Ehrenplätze und Würdentitel wünscht er von seinen Jüngern ausdrücklich, dass sie sich ein solches Verhalten nicht zum Vorbild nehmen. Er stößt sich an der Diskrepanz zwischen der Lehre, die sie verkünden, und der Praxis, die sie vorleben. Sie überwachen penibel die Einhaltung von Geboten, während sie selbst sich großzügig darüber hinwegsetzen. Dabei wäre es ihre Aufgabe, durch ihre Weisungen Menschen aufzurichten, statt sie zu Fall zu bringen, ihnen zu helfen, das Leben zu meistern, statt ihnen Lasten aufzubürden.

Die Kirche ist nun in der glücklichen Situation, dass auf dem Stuhl des Apostels Petrus einer sitzt, dem ebenso jede Form von Eitelkeit und Klerikalismus zuwider ist. Möge es ihr helfen, dass dieses neue Gesicht an Kontur gewinnt.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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