Aus der Wüste mitten in die Welt | Teil 3
Kann aus Nazaret etwas Gutes kommen?

Gruppenfoto mit der hl. Teresa von Avila (Statue Mitte) bei einer Versammlung von Brüdern aus Europa in Avila/Spanien. | Foto: privat
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  • Gruppenfoto mit der hl. Teresa von Avila (Statue Mitte) bei einer Versammlung von Brüdern aus Europa in Avila/Spanien.
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Was ich leben wollte. Br. Herbert Hartl schreibt über seinen Weg und das Leben der Kleinen Brüder Jesu.

Mein Heimatort in der Steiermark war nach dem Zweiten Weltkrieg ein aufstrebender Industrieort, in dem die „Kirch’ngeher“ einen schweren Stand hatten. Meine Eltern waren Arbeiter, sodass ich immer in enger Tuchfühlung mit den Sorgen und Kämpfen der kleinen Leute blieb. Irgendwann ging es mir auf, dass auch Jesus in einem solchen Umfeld gelebt hat und dass es der Mutterboden seiner Verkündigung war. So kam es, dass ich ihm in seinem Leben in Nazaret nachfolgen wollte, wie andere es seit jeher in der Verkündigung, im Lehramt oder in der Krankenpflege tun.

Täglich zur Arbeit
In meinem Suchen stieß ich auf die Kleinen Brüder Jesu, eine Ordensgemeinschaft, die von Charles de Foucauld herkommt. Das war es, was ich leben wollte. Die nächstliegende Gemeinschaft war damals in Hamburg in einer gemieteten Kellerwohnung im Hafenviertel. Ich war tief berührt, so nahe bei den Menschen leben zu können, zusammen mit den Brüdern. Die eucharistische Gegenwart Jesu in dem winzigen Oratorium lud uns zur Anbetung ein. Wie die anderen Brüder ging ich täglich zur Arbeit, sie im Hafen, ich bei der Post.
In den folgenden zehn Jahren konnte ich die spirituelle und theologische Ausbildung in verschiedenen Bruderschaften machen, immer gekoppelt mit der Arbeit in Fabriken oder in der Landwirtschaft. Nach den Ewigen Gelübden konnten wir 1979 auch in Österreich, zuerst Wien, später auch in
St. Pölten, eine Gemeinschaft gründen. Die Verantwortlichen der Erzdiözese sahen in uns so etwas wie eine Alternative zum traditionellen Ordensleben. Wir waren in verschiedenen Berufszweigen tätig, ich selbst war viele Jahre Metallarbeiter, danach zwanzig Jahre bis zur Pension Pflegehelfer in einem Altersheim der Stadt Wien.

Mein Wegbegleiter
Charles de Foucauld war für mich immer ein Wegbegleiter, besonders in schweren Zeiten, wenn der Arbeitsplatz verloren ging oder wenn ich krank war. Das Leben mit den Brüdern half mir über so manche Schwierigkeit hinweg. Irgendwann erkannte ich, dass ich nicht mehr alles in meinem Leben bestimmen konnte. Doch ein Anderer war mir nahe, der mein Leben mehr und mehr lenkte.

Im Kleineleutedasein verharren, das ist nicht immer leicht. Schon Nathanael stellte die provokante Frage: „Kann aus Nazaret etwas Gutes kommen?“ (Joh 1, 46). Mit Charles de Foucauld habe ich im Leben in „Nazaret“, wie er es nennt, etwas von der Demut Gottes und vom menschlichen Realismus erspürt, mit dem das „Wort Fleisch“ (Joh 1, 14) und unser Bruder geworden ist, uns gleich, wie es im Hebräerbrief (2,11,17; 5,15) nachzulesen ist. Entspricht das nicht genau dem, was Liebe zutiefst bewirkt, nämlich Personen zu vereinen oder zumindest zu solidarisieren und für sie da zu sein?

Ich würde mir wünschen, dass wir über das Feingefühl Gottes uns gegenüber zu staunen lernten, der uns seine Freundschaft schenkte, und dass wir mit unseren armen Möglichkeiten darauf eine Antwort im täglichen Umgang mit den Mitmenschen fänden. Ist das nicht doch etwas Gutes, das aus „Nazaret“ kommt?

3 FRAGEN AN
Charles de Foucauld, Vorbild für die Ordensgemeinschaft der Kleinen Brüder Jesu.

Was würdest Du heute tun?
Ich würde versuchen, mich selbst im Zusammenleben mit Mitbrüdern zurückzunehmen. Mit ihnen möchte ich dorthin gehen, wo Menschen des Trostes bedürfen, ihnen ein Bruder sein, ihre Anliegen mittragen und teilhaben an ihrem Ringen um ein gutes Leben.

Könntest du heute Deine Kirche lieben?
Wie könnte ich es nicht! Hat sie mir doch Jesus geschenkt. Ist doch der Heilige Geist ihr Herz! Doch würde ich das Böse bekämpfen, zuerst in mir, dann dort, wo Menschen zu Opfern werden! Und aufmerken, dass es nichts Größeres gibt für jede Frau und für jeden Mann, als mit Gott in Liebe verbunden zu sein.

Das würdest Du tun, wenn Du alt und pflegebedürftig wärst?
Ich würde immer Gott loben für ihn selbst und dafür, dass er mir Gutes getan hat. Ich wäre dankbar für jedes Lächeln und jeden Händedruck. Ich würde vielleicht auch schreien wie Jesus am Kreuz, … aber mich in seine Hände legen.

Gruppenfoto mit der hl. Teresa von Avila (Statue Mitte) bei einer Versammlung von Brüdern aus Europa in Avila/Spanien. | Foto: privat
Charles de Foucauld, Vorbild für die Ordensgemeinschaft der 
Kleinen Brüder Jesu. | Foto: KNA
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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