Heute von Gott erzählen | Teil 5
Ich weiß dann zum Beispiel ...

Grenzen der Erkenntnis: „Selbst wenn der Gebildete behauptet, er erkenne – er kann es doch nicht wiederfinden“ (Kohelet 8,16). | Foto: Grafik: Ivan Steiger
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  • Grenzen der Erkenntnis: „Selbst wenn der Gebildete behauptet, er erkenne – er kann es doch nicht wiederfinden“ (Kohelet 8,16).
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Glaube und Wissen müssen nicht als voneinander unabhängige Alternativen verstanden werden, sondern können einander ergänzen.

Das Verhältnis zwischen einer Gotteserkenntnis allein mit Vernunftargumenten und einer Gotteserkenntnis auf der Grundlage des Glaubens kann mit zwei verschiedenen Landkarten verglichen werden.
Die Erkenntnis, die sich allein auf Vernunftargumente stützt, ist vergleichbar mit einer Übersichtskarte, die sich auf einen bestimmten Aspekt (z. B. Verkehrswege) konzentriert. Dagegen kann man die Glaubenserkenntnis mit einer Karte vergleichen, die viele Details umfasst. So bietet die gläubige Erkenntnis Gottes in der Bibel, der Theologie und der Spiritualität eine Vielfalt von Erzählungen, Einsichten und Aspekten; die Gotteserkenntnis mit Hilfe der Vernunft beschränkt sich dagegen auf einige grundlegende Aspekte wie die Existenz Gottes, Gott als Urgrund usw.

Eine Gegenüberstellung von Glaube und Wissen ist in vieler Hinsicht problematisch. Es beginnt damit, dass wir uns mit dem meisten Wissen auf Auskünfte im Unterricht oder in Büchern verlassen, ihnen Glauben schenken und so unser Wissen gewinnen. Auf der anderen Seite stützt sich ein solcher Glaube normalerweise auch auf ein vorausgehendes Wissen – z. B. das Wissen, dass ich bestimmten Personen glauben kann, weil ich weiß, dass sie vertrauenswürdig sind. Glaube und Wissen ergänzen einander.

Wenn es um den religiösen Glauben geht, muss man noch einen Schritt weitergehen. Auch in diesem Fall stützt sich der Glaube seinerseits auf Instanzen, die uns Glaubenswissen bzw. eine gläubige Überzeugung vermittelt haben – Eltern, Frauen und Männer, Bücher usw. Das ist allerdings nur der erste Schritt. Entscheidend für den religiösen Glauben ist, ob ein Mensch dann dazu kommt zu sagen: „Ich glaube an Gott.“

Erst ein solches Bekenntnis bringt zum Ausdruck, dass ein Mensch sich Gott gegenüber weiß und ihm sein gläubiges Vertrauen schenkt, sein Leben an ihm ausrichtet und von ihm bestimmen lässt.

Das ist gemeint, wenn christlich bzw. theologisch vom Glauben die Rede ist. Wenn ich auf dem Fundament des Glaubens Gott vertraue, dann gewinne ich daraus ein Wissen – ein Glaubenswissen. Ich weiß dann zum Beispiel, dass Gott die Liebe ist, dass er die Menschen zu einem Leben über den Tod hinaus beruft, dass Gottes- und Nächstenliebe die grundlegenden Imperative für ein gutes Leben sind usw.

Das Fundament dieses Wissens ist also der Glaube, der sich auf die Offenbarung Gottes stützt. Glaube und Wissen sind keine Gegensätze, sondern ergänzen einander.

Gott als vernünftige Überzeugung

Manche Menschen ordnen Argumente vor allem der Wissenschaft und einem Leben zu, das sich auf wissenschaftliche Einsichten stützt. Religiöse Überzeugungen liegen ihrer Meinung nach außerhalb des Bereiches vernünftiger Argumente, sie haben vor allem mit Wunschdenken, Emotionen und Erfahrungen zu tun. Alle, so fügen sie hinzu, können auf diesem weiten Feld ihre eigene Meinung haben. Aber das sei ihre Privatsache. Dafür können sie keinen über das Persönliche hinausgehenden Wahrheitsanspruch erheben, sondern müssen die unterschiedlichen Überzeugungen als gleich wahr (oder gleich falsch) gelten lassen.

Die christliche Tradition ist hier anderer Meinung. Sie erhebt für ihren Glauben an Gott einen Wahrheitsanspruch und geht davon aus, dass dafür Gründe genannt werden können.

Manchmal hat man in diesem Zusammenhang von „philosophischer Theologie“ gesprochen. Sie ist der Sache nach unverzichtbar, wenn man sich nicht damit begnügen will, die Existenz Gottes zu behaupten, sondern auch sagen will, warum man sie behauptet und was damit gemeint ist.

Zu bedenken ist, dass die Wirklichkeit nicht mit dem gleichgesetzt werden darf, was beobachtet und gemessen werden kann. Immer bleibt, um nur ein Beispiel zu nennen, die Frage offen, warum es denn überhaupt etwas gibt. Auf diese Weise wird Gott zu einer Denkmöglichkeit.

Es kann gezeigt werden, dass Gott kein Widerspruch in sich, sondern eine sinnvolle Möglichkeit ist, für die man gute Gründe vorbringen kann. Alles in allem, so die These, können mit Hilfe der Vernunft Kriterien für eine verständliche Rede von Gott benannt werden.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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