Frauen - Leben | Teil 1
Für einen guten Start ins Leben

Ein Baby bringt Veränderungen in jede Familie. Ehrenamtliche Startfeen der Caritas entlasten Eltern auf Zeit. | Foto: iStock, Pexels
  • Ein Baby bringt Veränderungen in jede Familie. Ehrenamtliche Startfeen der Caritas entlasten Eltern auf Zeit.
  • Foto: iStock, Pexels
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Ein neues Baby bringt Veränderungen in jede Familie. Als „Startfee“ unterstützt Irmgard Hofbauer ehrenamtlich junge Familien und frischgebackene Mütter.

Irmi, Irmi ist da!“, ruft der dreijährige Achim laut aus und hüpft aufgeregt auf und ab. Irmgard Hofbauer ist als „Startfee“ bei der Familie zu Besuch. Achims Mutter hat kürzlich ein zweites Kind bekommen. Da die Familie keine Großeltern in Graz hat und selbst auch noch nicht lange hier wohnt, bewarb sie sich bei der Caritas um eine sogenannte „Startfee“. Eine Ehrenamtliche (ja, derzeit sind es nur Frauen, die diesen Dienst tun) kommt kostenlos einmal in der Woche für zwei bis drei Stunden zur Familie nach Hause und unterstützt sie bei der Kinderbetreuung.

Familiäres Netz
Wenn ein neues Kind in die Familie kommt bringt das immer große Veränderungen, weiß Irmgard Hofbauer. Die Pädagogin hat selbst zwei Kinder und weiß wovon sie spricht. „Als mein Mann und ich Familie gründen wollten, entschieden wir uns zurück in die Steiermark zu gehen. Dort hatten wir Eltern – ein familiäres Netzwerk“, erzählt sie. Ihre Schwiegermutter und auch andere Verwandte und Freunde habe sich immer wieder um ihren Nachwuchs gekümmert, wenn sie studierte oder gearbeitet hat. „Das habe ich unverdient geschenkt bekommen!“, ist Irmgard Hofbauer dankbar. Jetzt wo ihre Kinder erwachsen (27 und 29 Jahre) und außer Haus sind, möchte sie etwas zurückgeben. „Im Sonntagsblatt habe ich eine Artikel gesehen, da hieß es: 'Startfeen gesucht'“, erzählt sie schmunzelnd. 2018 hat sie die Ausbildung bei der Caritas absolviert und begleitet seitdem als „Startfee“ Familien in den ersten Monaten mit einem neuen Baby.

Ich möchte etwas zurückgeben, was ich selbst unverdient geschenkt bekommen habe.

Ein polizeiliches Führungszeugnis, einen Säuglings- und Kleinkinder-Notfall-Erste-Hilfe-Kurs und eine vierteilige Ausbildung braucht jede Startfee, bevor sie ihre erste Familie übernehmen darf. Vertrauen schenken einem die Familien, besonders die Mütter, „immens viel im Voraus“, hat Irmgard Hofbauer schon mehrfach erlebt. Das rührt immer wieder aufs Neue, wenn man als völlig fremde Person in eine Familie kommt: „Ich wurde jedes Mal so freundlich aufgenommen“, erinnert sie sich.

In Ruhe duschen
Sieben Familien hat Irmgard Hofbauer in den letzten fünf Jahren als Startfee unterstützt. In der Regel nimmt sie nach einer Kennenlern- und Eingewöhnungsphase der frischgebackenen Mama das Baby für eine Weile ab. Oder – je nach Familienkonstellation und Bedarf ab und zu auch die Geschwisterkinder.

Sinn und Zweck dieser Entlastung ist es, dass die Mutter zum Beispiel Einkäufe, Arztbesuche oder Behördenwege alleine erledigen kann, erklärt Hofbauer. „Der Idealfall ist, dass die Mama weggehen kann, wenn ich da bin“, so die Startfee. Aber das gehe natürlich erst nach mehreren Besuchen. Manchmal ist es den Frauen aber schon geholfen, wenn sie sich einmal in Ruhe duschen oder ungestört etwas kochen können, erzählt sie.
Deutschland, Syrien, Mazedonien und die Steiermark – das sind einige Länder, aus denen Irmgard Hofbauers betreute Familien stammen. So unterschiedlich alle sind, eines war allen gemeinsam: fehlender Familienanschluss und zum Teil auch (noch) keine Bekannten oder Freunde in Graz. Als Startfee kommt Irmgard Hofbauer meist ins Haus, wenn die Babys zwei, drei Monate oder etwas älter sind. Ein gewisser Alltag hat sich eingespielt. Die Väter gehen morgens aus dem Haus und die Mütter sind den Rest des Tages alleine mit dem Kind oder den Kindern. Da kann einem mit der Zeit schon die Decke auf den Kopf fallen.

Jemanden zum Reden
Eine wöchentliche Besucherin wie Irmgard Hofbauer ist eine gern gesehene Abwechslung. Manche Frauen genießen es, wenn die Startfee kommt, auch einfach einmal jemanden zum Reden zu haben, erzählt Hofbauer. Als Startfee hat sie hilfreiche Tipps auf Lager: Zum Beispiel wo es die nächste Eltern-Kind-Gruppe gibt, damit die Mütter neue Kontakte knüpfen können, welche Kost sich nach dem Stillen eignet oder Infos zu Unterstützungsmöglichkeiten für Jungfamilien.

Solches Wissen bekommen Startfeen bei der Caritas. Betreut von Daniela Alton treffen sich die Startfeen verpflichtend regelmäßig zum Austausch und zur Supervision. Wenn Fragen oder Probleme auftauchen ist die Caritas-Mitarbeiterin für sie da, beschreibt Irmgard Hofbauer, die diese Begleitung in ihrem Ehrenamt sehr schätzt.

Eine Hilfe sein
Ihren freien Nachmittag in der Woche könnte sie sich auch anders vorstellen, so die Pädagogin. Aber auch wenn sie nach einem anstrengenden Schultag und einem intensiven Nachmittag bei "ihrer" Familie völlig ausgelaugt heimkommt, weiß Irmgard Hofbauer immer, dass es sich gelohnt hat, weil "ich etwas Sinnvolles gemacht habe".

An einer Erfahrung hatte die langjährige Startfee jedoch länger zu knabbern. Ein sehr unruhiges Baby hielt eine Jungmutter auf Trab. Es schlief kaum, schrie viel und wollte immerzu herumgetragen werden. Von der Startfee erhoffte sich die völlig erschöpfte Mutter zumindest einige Pausen. Doch auch bei Irmgard Hofbauer beruhigte sich das Kind nur selten. „Damals bin ich öfter frustriert nach Hause gefahren, weil ich das Gefühl hatte gar keine Hilfe zu sein“, erzählt sie.

Weitererzählen
Schade findet Irmgard Hofbauer an dem Caritas-Projekt nur, dass es Startfeen derzeit ausschließlich in Graz gibt „und für die Bezirke draußen leider nicht“. Dabei gäbe es bestimmt steiermarkweit Bedarf, glaubt sie. „Wir fragen immer wieder, woher die Frauen, die sich melden, von dem Projekt erfahren haben“, erzählt Hofbauer. Manchen hat ihre Hebamme davon erzählt, andere haben irgendwo darüber gelesen oder es von Freundinnen gehört. Den Schritt um Hilfe zu bitten, schaffen nicht alle Frauen, ist sich Irmgard Hofbauer sicher. Viel öfter sind es gut situierte Familien als ärmere, weiß sie: „Da ist leider noch oft eine Scham vorhanden.“

Eine Flüchtlingsfamilie, die sie als Startfee begleitete, hätte sicher nie von dieser Möglichkeit erfahren, wäre nicht ihre Betreuerin eine Freundin von Irmgard Hofbauer. „Vor kurzem konnte ich für unser Pfarrblatt einen Artikel über die Startfeen schreiben“, erzählt Irmgard Hofbauer. Und sie wird weiterhin zu allen möglichen Gelegenheiten von der Arbeit der Caritas-Startfeen erzählen: Damit mehr Frauen und Familien davon erfahren und diese Hilfe in Anspruch nehmen können. Auch für die eigenen Reihen rekrutiert Irmgard Hofbauer fleißig und teilt begeistert ihre Freude am Startfee-Sein, denn „ich bekomme viel mehr zurückgeschenkt, als ich gebe!“

Katharina Grager

Info & Kontakt
Alle die eine Startfee brauchen oder sich vorstellen könnten eine zu sein, können sich bei Daniela Alton, 0676 880 15 8450, daniela.alton@caritas-steiermark.at melden. Näheres auch unter schwangerenberatung.at

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ