Heute von Gott erzählen | Teil 8
Ein Glaube – in zwei Sprachen

„Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht“ (Hebräer 11,1). | Foto: Ivan Steiger
  • „Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht“ (Hebräer 11,1).
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Zwei Wege der Gotteserkenntnis – jede hat ihre Anlässe und jede ihre Berechtigung.

In der Geschichte der Christenheit und ihrer Theologie hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass zwei Wege der Gotteserkenntnis möglich sind: der Glaube an eine Offenbarung Gottes und ein Weg, der sich allein auf Argumente der Vernunft stützt.
Diese grundlegende Einsicht konnte allerdings nicht verhindern, dass in einzelnen Bereichen der Christenheit immer wieder Misstrauen gegenüber einer Gotteserkenntnis aufkommt, die sich allein auf die Vernunft stützt. Und das durch die ganze Geschichte des jüdisch-christlichen Glaubens.

Beten und argumentieren
Der Versuch, beim Sprechen über Gott nicht nur dem Glauben, sondern auch den Ansprüchen der Vernunft gerecht zu werden, führt tief in die Theologie und damit zur Frage, ob der Glaube damit nicht zu einer Sache der philosophisch Begabten wird. Werden damit nicht die „einfachen Gläubigen“ enterbt zugunsten der Theologie bzw. des theologischen Feuilletons? Diese Frage ist nicht neu und die Antwort darauf ebenfalls nicht.
Bereits im christlichen Altertum hat es die Unterscheidung zwischen einfachen Gläubigen, den sogenannten „Pistikern“, und den „Gnostikern“, den Wissenden im Glauben, gegeben. Und entgegen mancher Abwertung der Einfachen hat gute Theologie immer gewusst, dass ihnen eine Würde in der Gotteserkenntnis zukommt, die man nicht in Frage stellen darf. Und so ist es kein Kompromiss und kein halbherziges Zugeständnis, wenn man davon ausgeht, dass es im Blick auf Gott zwei Sprachen gibt, geben kann und geben muss.

Allein schon der ursprüngliche Kontext der Theologie, also der vernunftgestützten Mühe um den Glauben, die Klöster und Dome mit ihrem Gebet, ihrer Bibellesung und ihrer Liturgie, hat vor die Aufgabe gestellt, zwei Sprachen zu lernen – die Sprache des Glaubens, nicht zuletzt der Bibel und der Liturgie, und die Sprache der Reflexion des Glaubens.

Ganz selbstverständlich hat zum Beispiel Thomas von Aquin das Evangelium gehört und gelesen und als Ordensmann die Psalmen gebetet. Für ihn war die biblische Sprache über Gott immer eine von Gott gegebene Vorgabe. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, Gott im Kontext rationaler Argumentation jenseits aller biblischer Umschreibungen als „das durch sich selbst gründende Sein“ zu bezeichnen.

Zwei Sprachen, jede hat ihre Anlässe und jede ihrer Berechtigung. Sie stellen uns vor die Frage, wie angesichts der Möglichkeiten und der Grenzen menschlichen Erkennens und menschlicher Sprache über Gott angemessen bzw. überhaupt gesprochen werden kann.

Über Gott sprechen – und an Gott glauben

Unter den Vernunft-Skeptikern in der Theologie finden sich große Geister. Sie verweisen darauf, dass die menschliche Vernunft der Größe Gottes und seinem Handeln nicht gewachsen sei. Sie vermag nur ein menschliches Bild von Gott zu zeichnen, aber keines, das seiner Göttlichkeit entspricht. Und sie unterminiere mit ihren Fragen und Subtilitäten den „einfachen“ Glauben, der Gott gegenüber das einzig Angemessene sei.
Allerdings gibt es auf der Seite der Vernunft-Kritik nicht nur große Geister, sondern auch Zerrformen des Glaubens, die sich aus nicht durchschauten Emotionen speisen und ideologisch zu einem Argwohn verfestigten, der den Glauben jeder Anfrage von Seiten der Vernunft entziehen will.

Es ist nicht zuletzt Joseph Ratzinger gewesen, der einer solchen Selbstgenügsamkeit widersprochen hat. In einem Gespräch hat er die Einsicht formuliert, dass es auch „Pathologien in der Religion gibt, die höchst gefährlich sind und die es nötig machen, das göttliche Licht der Vernunft sozusagen als ein Kontrollorgan anzusehen, von dem her sich Religion immer wieder neu reinigen und ordnen lassen muss“.

Aber auch die Vernunft ist kein Absolutum, weder unbestechlich noch aus sich schon moralisch, sondern als menschliche Vernunft immer begrenzte Vernunft. Ja, es gibt – so Ratzinger – auch „Pathologien der Vernunft“, und deshalb müsse sie „an ihre Grenzen gemahnt werden und Hörbereitschaft gegenüber den großen
religiösen Überlieferungen der Menschheit lernen“.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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